Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 64. Band, (Jahrgang 1870)

Samuel Clarke’s Leben und Lehre. 
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Gründer der Londoner Gesellschaft der Wissenschaften testamen 
tarisch zur Unterstützung der natürlichen Religion und Moral gestif 
teten Kanzel vertheidigt er das Dasein Gottes, die Unsterblichkeit 
der Seele und die Freiheit des Willens mit Vernunftgründen gegen die 
Anhänger des Spinoza und Hobbes, gegen Materialisten und 
Atheisten. Die Folge ist, dass er einerseits von den Kirchlich 
gesinnten als heterodox verschrieen, vor der bischöflichen Versamm 
lung der englischen Hochkirche des Arianismus angeklagt und, 
obgleich vergebens, zum Widerufe gedrängt, andererseits von den 
Anhängern einer mechanischen Weltauffassung des Widerspruchs mit 
sich selbst, mit der Erfahrung und Vernunft geziehen, des Supra 
naturalismus und der Wundersucht beschuldigt wird. 
In welchem Ansehen er trotzdem bei beiden Parteien, bei den 
Strenggläubigen als einer der eifrigsten, bei den Ungläubigen als 
einer der scharfsinnigsten Vertheidiger der wichtigsten Lehrsätze 
über Gott und die Seele stand, geht aus dem Umstande hervor, dass 
er, obgleich der Ketzerei verdächtig, doch im Besitz seiner kirch 
lichen Functionen als Hofkaplan der Königin Anna belassen, anderer 
seits, dass seine Beweisführung noch nach mehr als einem halben 
Jahrhundert von den Angreifern der natürlichen Religion als deren 
festestes Bollwerk anerkannt wurde. Als der Verfasser der Bibel des 
modernen Materialismus, des Systeme de la nature, Holbach, seinen 
Vernichtungsfeldzug gegen die Beweise für die Existenz Gottes 
begann, suchte er vor Allem Clarke’s Demonstration derselben aus 
dem Wege zu räumen und widmete ihrer punktweisen Widerlegung 
iin Einzelnen ein ganzes umfangreiches Capitel seiner Schrift. 
Der gleichen Anerkennung Clarke’s von Seiten der Gegner 
begegnen wir bei allen hervorragenden antideistischen Schrift 
stellern der Zeit z. B. bei Diderot. In seiner Lettre sur les aveugles 
spricht er ausdrücklich von dem Gott Newton’s, Leibnitzen’s und 
Clarke’s, so dass er diesen den beiden Andern als vollkommen eben 
bürtig zur Seite stellt. Dass Newton selbst ihn als solchen behan 
delte, geht aus der innigen Freundschaft hervor, die ihn bis ans 
Lebensende mit Clarke verband und aus der Bitte, die er an ihn 
richtete, seine Physik in die Schule und ins Leben einzuführen, was 
jenem wirklich gelang. Als aber Leibnitz aus jahrelanger geheimer 
Gegnerschaft gegen Newton’s Philosophie zum offenen Angriff über 
ging, und in einem Schreiben an seine und Newton’s Schülerin, die
	        
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