Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 64. Band, (Jahrgang 1870)

Samuel Clarke’s Leben und Lehre. 357 
genügendes noch auch nur ein richtiges Bild von der letzteren zu 
liefern geeignet ist. 
So enthält z. B. die umfassende Geschichte der Philosophie von 
Heinrich Ritter (Band XI, S. 535) nur wenige Zeilen über Clarke, 
durch ein einziges Citat aus seinen Schriften unterstützt, in welchen 
er überdies mit seinem Zeitgenossen William Wollaston gemeinsam 
behandelt wird. Andere z. B. Reinhold (Lehrb. d. G. d. Phil. S. 325). 
Schleiermacher, Vorländer thun seiner nur als Moralphilosophen, 
oder wie Überweg (Grundr. d. G. d. Phil. III., S. 95, 2. Auflage) nur 
literarhistorisch Erwähnung, während noch Andere wie z. B. Cour. 
Hermann (Gesch. d. Phil, in pragmatischer Behandlung) ihn ganz 
übergehen. Wo aber, wie von Erdmann (Grundr. d. Gesch. d. Phil. 
II., S. 99), demselben ein eigener Paragraph gewidmet wird, da 
zeigt, wie schon Thilo (Zeitschr. f. exacte Phil. IX. I., S. 52) her 
vorgehoben hat, die Einreihung desselben unter die englischen 
Sensualisten und Realisten von einer so gründlichen Unkenntniss oder 
so vollständigem Missverstand, dass das Bediirfniss einer neuen, aus 
den Quellen geschöpften Darstellung dadurch eher vermehrt als be 
friedigt wird. 
Eine solche erscheint um so weniger überflüssig, als das Ergeb 
nis derselben dazu beitragen wird, die übliche Vorstellung nicht blos 
von Clarke’s, sondern von der Philosophie und ihrer Entwicklung in 
England überhaupt zu berichtigen. Der Empirismus Bacon's, der Ma 
terialismus des Thomas Hobbes und der Sensualismus Locke’s haben 
in den Augen nicht nur der Geschichtsschreiber, sondern der 
Freunde und Feinde der Philosophie, deren Gestaltung auf englischem 
Boden scheinbar einen so ausnahmslosen Charakter aufgeprägt, dass 
man darüber völlig vergessen zu haben scheint, es habe daselbst 
7.u gleicher Zeit auch einen sehr entschiedenen Rationalismus und 
Idealismus gegeben, wie er, obgleich vereinzelt, auch iu neuester 
Zeit der Alleinherrschaft Mill’s und der inductiven Methode wieder 
entgegengetreten ist. Und zwar hat nicht blos der Idealismus in 
Berkeley, der Rationalismus nicht blos in den englischen und schot 
tischen Moralphilosophen von Cumberland, Wollaston und Shaftes- 
bury bis auf Hutcheson und Adam Smith, sondern der letztere auch 
metaphysische Vorkämpfer gefunden. Diese streifen zuweilen wie 
Henry More, Robert Fludd und zum Tlieile selbst Cudworth sogar 
auf das mystische Gebiet, haben ihren reinsten, der gleichzeitigen
	        
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