Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 88. Band, (Jahrgang 1877)

428 
H artel. 
beschäftigen und für bestimmte Versammlungen bestimmte 
Gegenstände der Verhandlung ein für alle Mal festsetzen; es 
unterliegt keinem Zweifel, dass wir es auch hier mit einer 
derartigen gesetzlichen Norm zu thun haben. Diese nun wäre 
unnütz und bedeutungslos, wenn es gleichwohl dem Ratlie 
freigestanden hätte, die betreffende Anfrage an die Ekklesie 
zu richten oder nicht, und der Wortlaut gestattet nicht sie 
aus dem Grunde erlassen zu denken, damit durch sie ver 
hütet werde, öfter als einmal innerhalb eines Jahres die 
Ostrakophorie einzuleiten. Wenn dem Rath das Recht ein 
geräumt war, diese gänzlich zu verhindern, sollte es ihm 
versagt gewesen sein, das dagegen völlig belanglose Recht zu 
üben, die erste nichts entscheidende Lesung nach Gutdünken 
auf die Tagesordnung einer Ekklesie zu setzen? Die Verord 
nung hat wie ich glaube nur einen Sinn, wenn sie die Bule 
zur Stellung der Vorfrage verpflichtete und ihre exacte Durch 
führung war dadurch am besten gesichert, wenn von vornherein 
jene bezeichnet waren, welche für die Unterlassung die Verant 
wortung zu tragen hatten, d. h. die Buleuten einer ein für 
alle Mal fixirten Prytanie. ,Aber nimmt man dies an' wendet 
Lugebil ein ,so wäre ein Probuleuma des Rathes, wenn dieser 
sich gegen die Ostrakophorie entschieden hätte, werthlos ge 
wesen, da die Frage in der Ekklesie auch bejahend beantwortet 
werden konnte. Wenn aber der Rath die Frage nur bejahend 
und nicht verneinend entscheiden konnte, so war jede Berathung 
darüber in seinem Schoss ganz unnütz'. Es mag dagegen nicht 
eingewendet werden, dass mit diesen Argumenten sich die 
Omnipotenz des Rathes oder die Ueberflüssigkeit seiner Vor 
beschlüsse in allen anderen Fällen auch beweisen Hesse, noch 
wollen wir darauf hinweisen, dass es uns nicht an Beispielen 
fehlt, dass ein Probuleuma von der Ekklesie einfach abgelehnt 
wurde; denn Lugebils Argument wird hinfällig durch die 
Beschaffenheit der mit der Procheirotonie verbundenen Pro- 
buleumata, welche in der Regel in keiner Weise der Meinung 
des Demos präjudicirten, sondern rein formeller Natur waren 
und somit in diesem Falle Jedermann nur darüber zu sprechen 
aufforderten, ob in diesem Jahre das Scherbengericht stattfinden 
solle oder nicht. Darin liegt eben, wie wir noch weiter sehen 
werden, die staatsrechtliche Bedeutung der Procheirotonie, dass
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.