Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 95. Band, (Jahrgang 1879)

Voltaire-Stadien. 
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auch immer geschichtliche und geschichtsphilosophische Arbeit. 
Die zerstreuten und versprengten Fractiönchen sammeln sich, 
mischen sich und siehe da, neue Gebilde treten an den Tag. 
Wer wollte und könnte die Mannigfaltigkeit der Uebergangs- 
gestaltungen kennzeichnen ? Eine Richtung nur zeigt eine 
gewisse Continuität; man kann sie als die Vorstufe der Auf 
klärung bezeichnen, nämlich die Skepsis, deren Vertreter Mon 
taigne, Charron, de la Mothe le Vayer, Bayle progressiv im 
Sinne des achtzehnten Jahrhunderts wirken, wo hingegen Er 
scheinungen, wie die Skepsis Huet’s, auch Pascal’s, dieses Ver 
dienst nicht haben. 
Fontenelle’s ,histoire des oracles' und St. Evremo.nt’s 
historische Schriften gehören dann schon ganz der neuen Welt 
an, wiewohl sic durch kräftigere Emanationen in den Schatten 
gestellt wurden. Insbesondere leitet St. Evremont direct auf 
Montesquieu und Voltaire, schon als Kenner Englands, des 
eigentlichen Mutterlandes der Aufklärung. Dahin wenden wir 
uns auf einige Augenblicke. 
In England stand es das siebenzehnte Jahrhundert hin 
durch mit den historischen Studien übel. • Zunächst wird sich 
der Exeget dieser Erscheinung an die politischen Zustände 
des Königreichs erinnern müssen. Er wird jedoch auch be 
merken, dass das Interesse bereits in Anspruch genommen 
war. Denn die Wissenschaften treiben es, wie die realen Wesen 
dieser Welt oder die Vorstellungen in unserer Seele; eine sucht 
die andere zu verdrängen, und wenn eine im Blickpunkte der 
allgemeinen Aufmerksamkeit ist, so übernimmt sie auch die 
Sorge dafür, dass keine zweite über den Horizont emportauche. 
Weil die Naturwissenschaften gross und erfolgreich dastanden, 
so lagen die Geisteswissenschaften unterhalb der Schwelle des 
Allgemeinbewusstseins. Auch die Philosophie Englands war 
der Historie wenig günstig, wenig die Philosophie Bacon’s und 
Hobbes’, etwas mehr die Locke’s. Doch kehrte sie der Be 
trachtung des socialen und politischen Menschen wenigstens 
nicht den Rücken, wie der Cartesianismus. Einen entschiedenen 
Impuls empfing das geschichtliche Studium an der Wende des 
siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderts von Seiten der 
Theologie; die kritische Thätigkeit der Deisten, der free- 
fhinkers, die Controversen, welche sich entspannen, eröffneten
	        
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