Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

Zur Charakteristik des heil. Jiistinus etc. 
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erklärt ist: die Idee vom göttlichen Reiche. Dasselbe enthielt das 
was die apostolische Verkündigung in die Gemeinden gelegt hatte 
und die rechtgläubige Kirche festhielt: den Glauben an Gott den 
Weltschöpfer, an Jesum Christum den Gottessohn, der zu unserem 
Heile Mensch geworden und gestorben, an den heiligen Geist, der 
durch die Propheten und Apostel geredet und die Gläubigen zur 
Heiligung führe. Es war das Ursymbol der Kirche. Wir finden es 
bei Tertullianus und Irenäus unter dem Namen der Glaubensregel. 
Das allgemein Geschichtliche von Christus flocht sich in selbige 
hinein, einzelne Begriffe reihten sich an, wie sie das kirchliche 
Interesse erheischte, doch nicht überall dieselben und in gleicher 
Weise; dies geht daraus hervor, dass jene beiden Väter in ihrer 
Anführung der Glaubensregel unter einander abweichen *). Im An 
fänge flüssiger gehalten, erhielt sie im Laufe der Zeit aus den gegen 
die Häresien gerichteten Lehrbestimmungen der Kirche immer mehr 
Zusätze, und gab so die Grundlage dessen was später unter dem 
Namen des apostolischen Symbols durch Rufin’s Redaction festgestellt 
wurde. Die theologische Forschung hat es bisher ganz übersehen, 
dass schon bei Justinus sich die Spuren finden des ausdrücklich bei 
der Taufe vor der Gemeinde abgelegten Bekenntnisses, der Glaubens 
regel. Er führt mitunter, jedesmal dem besonderen Zwecke der Rede 
angepasst, die Summe des christlichen Glaubens oder einzelne Sätze 
so an, dass man die stillschweigende Beziehung auf etwas kirchlich 
Gegebenes merkt; man sieht, dass er einer gewissen Norm folgt. 
Überhaupt spricht er meist communicativ aus dem Bewusstsein der 
Übereinstimmung mit Anderen, die ihm gleich denken und glau 
ben ; er — der echt apostolische Christ — redet gern als Repräsen 
tant einer Gemeinschaft, und zwar der Gemeinschaft der ii/xd^rcd 
Vf/J TvjCTOÖ XpiffTOö x«! xccSapä? dtdamcäixs 2 ), im Ge- 
Massen übersehen haben, eine Hinweisung aul' die Taufformel; erst durch 
diese Beziehung wird die Stelle klar. Es heisst: die welche von der christ 
lichen Sache abfallen stossen von sich 1) Gott in seinem Sohne, 2) den 
Sohn der durch seinen Tod den Bund besiegelte, 3) den Geist der Gnade 
verleiht; kurz sie handeln gegen die in der Taufe übernommene Verpflichtung. 
’) ‘reniius adv. haer. I. c. 10. §. 1 u. 111. c. 4. §. 2. Tertullianus de virgg. 
vel. c. 1, adv. Prax. c. 2, de praescriptt. haer. c. 13. 
a ) Dial. c. Tr. c. 35. 
Sitzb. d. phil.-hist. 01. VIII. Bd. II. Hft. 
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