Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

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Prof. Dr. Karl Otto. 
in seiner Polemik gegen das absolute Fortbestehen des mosaischen 
Gesetzes eng an die paulinische Lehre an: die Christen hätten ein 
neues Gesetz, welches für das ganze menschliche Geschlecht, nicht 
bloss für ein Volk, bestimmt und durch welches das frühere Gesetz 
aufgehoben sei 1 ). Dies führt er dergestalt durch, dass sich die 
paulinische Grundlage nicht verkennen lässt. 3) Justinus spreche 
sich an einer Stelle des Dialogs a ) gegen den Genuss des Opferflei 
sches aus, während Paulus I. Kor. 10, 2S ff. nur unter einer ge 
wissen Bedingung dagegen sei. Aber jener richtet sich dort nicht gegen 
den Apostel, sondern gegen die Gnostiker, indem er dem Verbote die 
Beziehung jenes Fleisches auf die heidnischen Götter, die Dämonen, 
zum Grunde legt. Aus diesem Gesichtspunkte verbietet auch Paulus 
I. Kor. 10, 14 fF. die Theilnahme an Opfermahlzeiten eben als Dämonen 
dienst. Andere dem Apostel nichts weniger als feindlichgesinnte Väter 
klagen ebenfalls über die Gleichgültigkeit der Gnostiker in jenem Punkte. 
Weitere Einwände übergehen wir, da sie sich auf durchaus neutrale 
Vorstellungen beziehen. Justinus kann schon darum nicht ebionitisch 
gesinnt gewesen sein, weil er sich über die judaisirenden Christen 
als ihm fremde Parteien erklärt. Und wie hätte er die Heidenchristen 
in seiner ersten Apologie höher als die Judenchristen setzen können ? 
Er nennt jene geradezu akriSiOTspoi xcd mororspoc 3 ). Demnach 
gehörte er zu den gemässigten echt apostolischen Heidenchristen. 
Er hat eine doppelte Grundlage seiner Darstellung der christ 
lichen Lehre: das kirchlich-traditionelle Taufbekenntniss und die 
heilige Schrift. Die prophetischen Schriften des alten Testamentes 
haben ihm ja die Brücke zum Christenthum geschlagen, und stets 
beruft er sich in seiner Darstellung auf die (neutestamentlichen) 
„Denkwürdigkeiten de!- Apostel.” In Bezug hierauf vermag kein 
Widerspruch sich geltend zu machen. Nur hinsichtlich des ersteren 
Punktes erlaube ich mir noch Einiges beizufügen, da er von den 
Gelehrten bisher keine Berücksichtigung gefunden hat. 
Die Grundlage jenes Bekenntnisses war das Taufmandat auf 
Vater, Sohn und Geist 4 ), worin die Centralidee des Evangeliums 
*0 Dial. c. Tr. cc. 11 12. 67. 
2 ) C. 34 sq. 
3 ) Apol. 1. c. 53. 
4 ) Matth. 28, 19. — Schon in den Schriften des neuen Testamentes finden wir 
weitere Spuren davon. So ist Hebr. 10, 29, was alle Ausleger merkwürdiger
	        
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