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Siegel
peinlicher Eindruck hinderte nicht zu erwägen, ob der Verstoss
nach seiner Art zu schliessen, in frevelhafter Vermessenheit und
dreistem Widerspiel seinen Grund habe oder aus einer blossen Ver
gesslichkeit und Unachtsamkeit sich erkläre i 20 ). Man entschuldigte
und rechtfertigte. Freilich war auch hier nicht selten die Begründung
eine künstliche und gezwungene, denn der wahre Grund lag eben in
dem Widerstreben gegen das Recht selbst, das mit der Zeit als ein
Unrecht erschien.
Das Bild einer solchen mildernden Rechtssprechung entrollen
die Urtheile des Brünner Stadtgerichtes aus der Mitte des vierzehnten
Jahrhunderts, welche die kundige Hand des damaligen Rath
schreibers Johann in eine wohlgeordnete Sammlung gebracht bat.
Sie bildet die Quelle, aus der die folgende Darstellung schöpft.
Wenn ein Beklagter auf eine Klage Rede stand, so war es her
gebracht, dass er bei der Nennung des Klägers die Redensart
hinzufügte: oder wie er sonst mit christlichem Namen genannt ist ,3 °).
Als nun vor dem Gerichte zu Erlau ein Mann wegen des Urliabs bei
einem Todtscblage belangt wurde und sein Vorsprecher in der
Antwort jener Formel vergass, wurde letzterer für gefallen an der
Antwort erkannt und nur wegen der Grösse der verwirkten Busse
die Sache vor die Brünner Schöffen gebracht. Diese aber urtheilten
mit Hinwegsetzung über eine herkömmliche Formel, dass der Vor
sprecher gar nicht gefallen sei, dass, wenn er nur den Kläger beim
rechten Namen genannt habe, obgleich er nicht hinzugesetzt: oder
wie er sonst u. s. w., die Antwort wohl und gut sei und daher die
Voraussetzung für eine Busse gänzlich entfalle 13 *).
Wurden mehrere Klagen zugleich gegen denselben Beklagten
erhoben — und in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten konnten drei.
que annexis emergentibus et iucidentibus super causae praedictione (lies perditione)
et emendaruin solutione cum diligentia cogitabunt. Vgl. oben S. 133.
S. Brünner Schöffenb. n. 4SI (oben S. 136, 137) , 4S7 (unten S. 163, 164) vgl.
423 (oben S. 12S). S. auch den Gunstbrief von 1368 oben in Note 121.
130) [>j es war überhaupt eine stehende Formel. Vgl. z. B. Kais. Lehnrechtsb. 13: ich
nenne dir den man Conrat, oder swie er danne heizzet.
181) Das Urtheil steht unverarbeitet in dem Brünner Schöffenbuch zwischen n. 112 und
n. 113 S. 59.