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G o e h I e r t
Die Lipowaner in der Bukowina 1 }.
Von J. Tine, trochlcrt.
In der Mitte des 17. Jahrhunderts zur Zeit der Regierung des
Czars Alexius fasste der Patriarch von Moskau, Nikon, den Ent
schluss, die slavischen Kirchenbücher zu revidiren und die nach
seiner Anschauung unter den Russen im Laufe der Zeit eingeschli
chenen religiösen Missbrauche zu beseitigen.
Auf der im Jahre 1654 zu Moskau versammelten Synode wurde
nach seinem Anträge die veranstaltete Änderung der Kirchenbücher
zum Beschlüsse erhoben. Diese Neuerung fand indessen nicht nur
bei einem Theile der Geistlichkeit, sondern auch unter dem Volke
heftigen Widerstand, welcher um so starrer wurde, je mehr man
darauf ausging, ihn durch strenge Massregeln zu brechen. Der
Patriarch Nikon wurde von den Altgläubigen (Starowerci), an deren
Spitze der Bischof Paul von Kolomna stand, für einen Ketzer und
die von ihm geweihten Priester wurden für unrechtmässig erklärt.
Zwar wurde Nikon auf der im Jahre 1666 zu Moskau versammelten
Synode seiner Würde entsetzt, jedoch dessen Neuerung bestätigt
und die Befolgung derselben sogar unter Androhung des Kirchen
bannes ungeordnet. Neben den kirchlichen Strafen waren die Alt-
gläubigen, welche inzwischen einen mächtigen Anhang selbst unter
den Söhnen des Alexius gefunden batten, auch noch mit den
schärfsten Massregeln von Seite der russischen Regierung bedroht,
zumal denselben der Aufstand der Strelicen unter der Prinzessinn
Sophia und die Verschwörung des berüchtigten Pugatschew mit zur
Schuld gelegt wurde. Sie wurden überall aufgesucht, vor Gericht
gezogen und wenn sie sich der angeordneten Neuerung nicht unter-
*) Siehe Band XXXVIII der Sitzungsberichte der philos.-histor. Classe: „Über die
Karaiten und Mennoniten in Galizien“.