Ueber österr. Zustände in den Jahren 1740 —1792.
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curs-Ordnung beabsichtiget worden, durchaus nicht erreicht werden.
Selbst bei den Stadtgerichten fanden sich die Beisitzer äusserst
schwer und meistens auch widerwillig in die neuen Processformen.
Theilweise hatte dies die Regierung vorhergesehen. Dies war der
Hauptgrund, dass die Gerichtsordnung ganz gegen die Grundsätze
der früheren Zeiten, in jeder auch noch so unbedeutenden Rechts
sache gegen ein Urtheil die Appellation und gegen jeden Bescheid
des unteren Richters den Recurs gestattete und bei einer Verschie
denheit der Entscheidungen des unteren und oberen Richters auch
noch die Revision oder den Recurs an den obersten Gerichtshof er
laubte. Man begreift, dass man auch noch andere Gründe für diese
Begünstigung der Appellationen und Recurse hatte, aber diese Begün
stigung, welche wegen des Zustandes der Untergerichte weiter ging,
als sie vielleicht sonst gegangen wäre, gereichte der Justizpflege
nicht zum Vortheil.
Die Schwierigkeiten, mit den alten Communal-Verfassungen eine
wissenschaftliche Justizpflege zu erreichen, vermehrten sich, als
(23. Juni 1782) eine neue Vorschrift in Ansehung des Geschäftsstyls
erschien, welche Gleichförmigkeit, Präcision und Kürze des Styls
verlangte und dazu auch Formulare hinausgab. Zwar wirkte diese
Vorschrift mehr auf die sogenannten politischen Geschäfte; die Ge
richtsordnung hatte aber auch etwas Aehnliches verlangt und auch
dies machte den alten Communal-Beamten Schwierigkeiten.
Die Schwierigkeiten vermehrten sich aber, als in den Jahren
1783 und 1784 Jurisdictions-Normen erschienen, welche neue Be
stimmungen über die Competenz der Gerichtsstellen gaben. Durch
sie erloschen die Gerichte der Universitäten, die geistlichen Gerichte,
die privilegirten Instanzen für unadeliclxe Staatsbeamte und die soge
nannten siegelmässigen Personen. Die Communalgerichte hatten
nun oft über Dinge, welche bei den aufgehobenen Gerichten erster
Instanz vorgekommen und zum Theil wichtige Fragenbetrafen, zu ent
scheiden und die Klagen, dass schlecht entschieden werde, waren
häufig.
Obgleich nun die Staatsverwaltung, um eine gute Justizpflege
im Sinne der neueren Gesetze sicher zu stellen, schon mit dem Hof-
deerete vom 1. Nov. 1783 den Wiener Magistrat und um dieselbe
Zeit auch die Magistrate einiger andern Städte organisirt hatte,
musste sie sich, da auch bei der politischen Geschäftsführung über die