Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 88. Band, (Jahrgang 1877)

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Lorenz. 
als Historiker ihr Ende gefunden haben werden, und vor allem 
der phantastische Versuch, ihn zu einem der ersten Genien 
aller Zeiten heraufzuschrauben, zu Boden gefallen sein wird/ 
Einem mir unbekannten Verfasser eines Artikels der historischen 
Zeitschrift aber muss man es zur Ehre nachsagen, dass er 
gleich in jenem unglücklichen Widerstreite leidenschaftlicher 
• Meinungen den Versuch gemacht, jene Periode ruhiger Wür 
digung anzutreten, während von anderer Seite freilich der 
Beweis geliefert wurde, dass Löbell mit Recht diese Zeit in 
weite Ferne herabgerückt sah. 1 Was heute in dem zusammen 
fassenden Buche Georg Weber’s als Festschrift zur hundert 
jährigen Geburtstagsfeier Schlosser’s vorliegt, kanu nicht als 
eine eigentliche historiographische Würdigung des Geschicht 
schreibers angesehen werden, so erwünscht diese Zusammen 
stellung des biographischen Materials auch war. Die bisher 
unbekannt gewesenen Briefe Schlosser’s an Frau Schmidt geben 
zwar manche persönliche Aufklärungen und nicht zu unter 
schätzende Winke über sein geistiges Leben, bieten jedoch 
ihrer Natur nach keinen Einblick in Schlosser’s Verhältniss 
zur Wissenschaft. So dankenswerth daher auch Weber’s Fest 
gabe war, so wenig dürfte sie als eine abschliessende Wür 
digung des alten Meisters gelten. In den folgenden Erörterungen 
kann um so lieber von den biographischen Momenten abgesehen 
werden, als Weber’s neue Publication Schlosser’s eigene Lebens 
aufzeichnungen in frische Erinnerung gebracht hat. 
1 Zur Beurtheilung Friedrich Christoph Schlosser’s in v. Sybel’s hist. Zeit 
schrift VIII. 117—140; vgl. auch Bernhardt über Löbell in der neuen 
Ausgabe des Gregor von Tours. 
2 F. Chr. Schlosser, der Historiker. Erinnerungsblätter aus seinem Leben 
und Wirken, eine Festschrift zu seiner hundertjährigen Geburtstagsfeier, 
Leipzig 1876. Auch Weber kommt nochmals auf den Vergleich von 
Schlosser und Ranke zurück, erinnert an den Goethe- und Schiller-Streit 
und tröstet sich, wie es scheint, nicht in glücklichster Analogie damit, 
dass die heutige Zeit beide verehrt. Allein die Geschichtswissenschaft 
hat in ihren Productionen gewiss wenig Aehnlichkeit mit der Unvergäng 
lichkeit der Poesie, obwohl man immer wieder in Humboldt-Gervinus’seher 
Weise gerne von der Kunst spricht, wenn man das Geschäft des Geschicht 
schreibers beschreibt. Der von Weber im Jahre 1862 in .Unsere Zeit 1 
ebenfalls als Nekrolog veröffentlichte Artikel ist sacligemäss und lehrreich 
und unterschied sich damals wohlthuend von den leidenschaftlichen Aus 
brüchen der anderen Nekrologisten.
	        
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