Zur Vorgeschichte des Jahres 1809 in Tirol.
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Bei dem Eintritte der baierischen Regierung in Tirol schien sich
ein günstiges, ja sogar ein freundschaftliches Yerhältniss zwischen
Staat und Kirche bilden zu wollen. Bereits unter dem 7. Nov. 180!J
Hessen die Ordinariate das Volk durch die Seelsorgsgeistlichkeit auf
fordern, den einrückenden fremden Kriegsvölkern Ruhe und fried
liebende Ordnung, wie es wahren Christen geziemt, entgegenzusetzen,
und jede unnütze Gewalttätigkeit zu beseitigen. Die Bischöfe sandten
einen Abgeordneten nach München, um dem Könige ihre Gliicks-
wünsche zu seinem Regierungsantritte in Tirol darzubringen, und der
König geruhte, ihnen Folgendes zu erwiedern: „Wir erkennen es als
eine unserer ersten Regentenpflichten, die geistlichen Vorsteherin
der Erfüllung ihrer wohltätigen Amtspflichten auf das Kräftigste zu
unterstützen, und den durch die wahre Lehre der katholischen Religion
beziehen heiligen Zweck zum Glücke unserer Völker tätigst zu
befördern.”
Allein bald trübte sich das freundliche Verhältnis, und die
Besorgnisse, welche die antikirchlichen Vorgänge in Baiern längst
schon erweckt hatten, wurden in hohem Masse gesteigert. Denn
durch ein königliches Rescript vom 16. April 1806 wurden auf ein
mal alle kirchlichen Zustande Tirols, der Bestand der Domcapitel
und Beneficien, die Existenz der Prälaturen und Mönchsklöster, selbst
die Örtlichkeit und Zahl der bischöflichen Sitze, und die bisherige
Diöcesan-Eintheilung, alle Studienanstalten u. s. w. auf den schwan
kenden Fuss eines ungewissen Provisoriums gesetzt. Die Be
ängstigung und Aufregung der Gemüther wurde noch grösser, als die
hairische Regierung nebst vielen kleineren Plackereien gegen den
niedern Klerus, drei Forderungen an die Ordinariate stellte, welche
das Wesen der bischöflichen Rechte im innersten Kern anzugreifen
drohten. Erstens verlangte die Regierung, dass die Bischöfe keinen
Kleriker mehr zu den höhern Weihen befördern sollten, der nicht von
den Professoren der Universität zu Innsbruck geprüft und gutgeheissen
wäre. Zweitens sollten die Bischöfe an die gesannnte Seelsorgsgeist
lichkeit ein Circulare erlassen, worin diese angehalten würde, allen
Verordnungen der Regierung in Bezug auf Kirchenpolizei unver
züglichen Gehorsam zu leisten, und drittens sollten die Bischöfe die
Verleihung alle r Beneficien auch der Pfarreien in ihren Diöcesen dem
Könige überlassen. Da der erste Punkt den Sinn ausdrückte, als
dürfe der Bischof in Zukunft Niemand mehr weihen, als wen sie,
Sitzb. d. phil.-hist. CI. VIII. Bd. III. Hft.
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