Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

Bericht über eine kunst-archäologische Bereisung Böhmens. 
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reichen Gestalten ist trefflich, Zeichnung und Perspective untadelhaft. 
5. Die Sendung des heil. Geistes. Die Richtigkeit der Zeichnung, dei 
Fleiss der Ausführung und der geistige Ausdruck in den Gesichtern 
kann nicht genug gepriesen werden. 6. Eben so muss die Darstellung 
des letzten Abendmahles als ein bedeutendes Kunstwerk anerkannt 
werden. Der hohe Adel im Antlitze Christi und die Lebhaftigkeit des 
Ausdruckes der um einen runden Tisch trefflich gruppirten Jüngei 
verleihen diesem Bilde einen ungewöhnlichen W erth. 
Die Arabeskenverzierungen in diesem Werke sind die herrlich 
sten unter allen, die in den zahlreichen Miniaturen, die ich zu sehen 
Gelegenheit hatte, Vorkommen. Die mit wunderbarem Fleisse ausge 
führten Blumen und Frachtstücke in demselben würden selbst einem 
tüchtigen Blumenmaler unserer Tage zur Ehre gereichen. 
Das Luditzer Cantionale gehört nach meiner Ueberzeugung in 
die erste Reihe der Kunstschätze in Böhmen, welche durch ein glück 
liches Geschick aus den Stürmen der Vergangenheit gerettet wurden. 
Es wird gegenwärtig im Locale des Luditzer Stadtrathes aufbewahrt. 
Böhmisches Cantional zu Trebnitz. 
Ein Pergamentcodex, fast von derselben Dimension wie das Lu 
ditzer Cantional. Er wurde um das Jahr lö7ö verfertigt; der Maler 
der Miniaturen war aller Wahrscheinlichkeit nach Matthias v. Lind- 
p e r k. Derselbe scheint sich das Leitmeritzer Cantional zum Yor- 
bilde genommen zu haben, indem die Motive, welche in den Ge 
mälden des Leitmeritzer Codex Vorkommen, häufig im Trebnitzer 
Cantional erscheinen. Auch in diesem kommen Bilder vor, welche 
die ganze Blattseite einnehmen, nur sind sie nicht mit demselben 
Aufwande von Gold und Farbenpracht ausgeführt. Ausgezeichnet 
durch treffliche Zeichnung sind die meisten der darin enthaltenen Bil 
der, doch müssen sie, was die Sorgfalt und die Zartheit der Ausfüh 
rung betrifft, den Miniaturen der beiden vorbeschriebenen Cantionale 
nachstehen; dafür muss an demselben die charakterische Individuali- 
sirung der fleissig ausgeführten Gesichtszüge mit Lob anerkannt 
werden. Die ausgezeichneteren Gemälde in diesem Werke sind: Das 
erste Blatt, welches das Wappen der Stadt Trebnitz, den heil. Georg, 
darstellt, über welchem Christus schwebt; zu beiden Seiten stehen 
die vier Evangelisten. Im breiten Seitenrande ist der Stammbaum 
Christi durch die hervorragendsten Personen desselben repräsentirt.
	        
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