Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

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Prof. Dr. Karl Otto. 
hellenischen Philosophen, seien erfüllt gewesen vom heiligen Geiste 
und als Träger desselben durch Weissagungen und Wunder be 
glaubigt worden; sie hätten Gott den Vater gepriesen und den von 
ihm gesandten Sohn Jesus Christus den Menschen verkündigt. Er 
möge Gott bitten, dass er ihm die Pforte des geistigen Lichtes öffne. 
Der Greis entfernte sich. Und in Justin’s Seele entbrannte ein 
göttliches Feuer. Mit Eifer las er die Bücher der altheiligen Pro 
pheten; es bemächtigte sich seiner eine innige Liebe zu ihnen, zu 
Christus und den Seinen. So ward er ein Jünger der alleinwahren 
Philosophie — ein Christ. Er sagt vom Christenthum i): tcsötijv 
jj.6vr]V süpioxov tpiloaofiav daipalrj rs xcä mp.tpopov. 
Wir ziehen jene Erzählung des Justinus über seine Wanderung 
durch die Philosophenschulen und über die Art seiner Bekehrung 
nicht in Zweifel. Auch in seinem glaubwürdigen Martyrologium 
antwortet er auf die Frage des Stadtpräfecten von Rom: „Welcher 
Philosophie hist du zugethan?” also: „Ich suchte mich mit allen 
Systemen bekannt zu machen; beigepflichtet aber hah’ ich der christ 
lichen Wahrheit, ob sie gleich den durch Vorurtheile Verblendeten 
missfällt.” Und in seiner zweiten Apologie 3 ) bekennt er, dass er, 
jetzt ein Christ, einst an Platon’sfLehren sich erfreut habe. Auf ähnliche 
Art fanden so manche Andere dieser Zeit, da weder heidnischer 
Cultus noch hellenische Weisheit ihr religiöses Bedürfniss befrie 
digten, die ersehnte Beruhigung in der christlichen Sache: auch 
ihnen trat nach langem vergeblichen Suchen endlich in den heiligen 
Schriften der Christen, insbesondere den prophetischen, das Göttliche 
entgegen; auch sie wurden durch diese Schriften zu Christus hin 
geführt. Wir erinnern nur an Tatianus und Theophilus. 
Den Unterricht des Platonikers hatte Justinus in seiner Vater 
stadt 3 ) genossen, welche, als eine römisch-griechische Colonie, 
hellenischer Bildung zugänglich war. Von dort war er in die ein 
same Gegend des Meeres hingewandert, d. i. nach unserem 
Dafürhalten in das Jordanthal , nördlich vom todten Meere 4 ). 
In dieser wenig belebten Gegend, kaum drei Meilen von Jerusalem 
U c. 8. 
a ) Apol. II. c. 13 sq. 
3 ) Vgl. S. 165 Anm. 1. 
4 ) Von .losephus wird es noWv) ipypia genannt. Vgl. S. 165, Anm. .3 .
	        
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