Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 72. Band, (Jahrgang 1872)

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V a h 1 e n 
Mensch 1 für glückselig zu halten sei. Allein Aristoteles be 
gnügt sich hier — was auch für die weitere Untersuchung zu be 
achten bleibt — nur das Eine darzuthun, dass ein gewisser Grad 
geistiger Güter, die sofort als die ethischen (dvSpi'a, aw^poaivrj, 
SizaioaüvY)) und dianoetischen Tugenden specialisirt werden, 
Jedermann als Erforderniss der Glückseligkeit anerkennen und 
Niemand den glücklich preisen werde, der an jenen Tugenden 
nicht den geringsten Antheil habe. 
Letzteren Gedanken in seiner negativen Wendung führt 
Aristoteles in veranschaulichenden Exempeln drastisch und 
hyperbolisch aus in den Worten aXXa osoiöra p,sv y.~X., über 
welche Bernays sich also vernehmen lässt: 'Eben so deutlich 
weicht von der gewöhnlichen aristotelischen Schreibweise die 
zunächst folgende grosse Periode ab, welche die Gegensätze zu 
den vier Cardinal tilgenden nicht einfach nennt, sondern hyper 
bolisch schildert, den Feigen durch eine Fliege schrecken, 
den Ungerechten für einen Dreier zum Mörder seiner Ver 
wandten werden lässt’ u. s. w. 'Nichts hindert zu glauben, 
dass diese kunstgerecht auf rhetorischen Effect angelegte 
Periode aus dem Dialog, dessen Zierde sie war, unverändert 
unserem Capitel eingefügt worden.’ Es ward eingeräumt, 
dass in den angezogenon exoterischen Reden auch diese Seite 
des Gedankens, bei gänzlichem Mangel geistiger Güter könne 
Niemand für glücklich gelten, ausgeführt gewesen, allein 'un 
veränderte’ Herübernahme dürfte aus der 'hyperbolischen 
Schilderung’ wenigstens nicht geschlossen werden, da solch’ 
drastisch-hyperbolische Ausdrucksweise bei Aristoteles auch 
da begegnet, wo der Gedanke an populäre Schriften fern 
liegt, wie z. B. wenn er Nikom. Eth. 1, 11. 1101 a 8 sagt, 
dass auch der Glückselige nicht glückselig sei, av lip'.ap.iy.aic 
xü/at? Tceptit&jY], oder ebend. 10, 8. 1178 b 19, dass nach Aller 
Meinung die Götter leben und also wirken (evepysw); ob yap 8i) 
•/.aOeu&Eiv fixjxep xov ’EvSup.twva, oder 1, 6. 1098 a 18, dass zur 
Gliickseligkeit ausser allem anderen auch ein ßJ.oc xeXsto? ge 
höre, p.ta yctp /eX'.Suv iap ob Tcoiei, oöoe pia ■/)[jApa- oüxoi 5s obSI 
p.azdptov y.ai suSafpova pia ‘/jp-spa oi)5’ o)dyoq yjpb'toc,, oder 10, 9. 
1 Vgl. Nik. Eth. 1, 9. 1099 b 4 ou ~avu yap suBaip-ovixoc b ttjv toeav :rav- 
crio/ri<z 7^ ouayevfj^ 7) (j.ova>T7)<; xai axsxvo$.
	        
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