Zur altern tirolischen Literatur. I.
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auf gewesen sein mag, immer wieder von neuem abzuschreiben.
Das könnte heutzutage einem dichtenden Jünglinge begegnen: Os
wald aber bat dieses Geschäft bestimmt einem Andern, einem Schrei
ber von Profession überlassen.“ (S. 283) Wir können dem Grunde,
Oswald hatte gewiss wichtigere Dinge zu thun, als seine Gedichte
abzuschreiben, nicht beipflichten. Oswald kehrte nach dem beweg
testen, an Freuden und Leiden überreichen Leben im Jahre 1432
nach Kastelrutt und Hauenstein zurück, um nie mehr auf längere
Zeit diese Einsamkeit zu verlassen. In diesem Jahre verschied ihm
auch seine zweite Gattin Anna von Ems, und sein Lehen auf den von
allem Verkehre weit entlegenen Burgen war noch einsamer. Mitten
aus dem Treiben und Leben der grossen Welt, mitten aus dem
Glanze der Höfe ward er wie ein Schiffbrüchiger auf das einsame
Mittelgebirge am linken Eisackufer geworfen. Seine schönsten Träume,
sein höchstes Streben waren zerstoben, seine Ehren zerronnen. Sein
einsames trauriges Leben auf Hauenstein schildert er uns selbst:
„auf einem runden kofel smal,
mit dickem wald umbfangen,
vil hoher berg und tieffe tal,
stain, stauden, stock, snee, Stangen,
der sich ich teglich ane zal.
noch aines tuet mich pangen,
das mir der klainen kindlin schal
mein oren dick bedrängen,
band durchgangen.“ W. Ausg. S. 32
und „wellent ich gugk, so hindert mich
köstlicher ziere sinder,
der ich ee pflag, dafür ich sich
neur kelber, gaiss, bück, rinder,
und knospot leut, swarz, hässelich,
vast ruessig gen dem winder.
die geben muet, als saekwein vich.
vor angst slach ich mein kinder
oft hinhinder.“ W. Ausg. S. 33.
Am ausführlichsten aber malt er uns seine Lage mit folgender
Stelle:
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