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unddessenGrosscn festsetzte; das Gerichtswesen or-
ganisirte und über jedwedes V erbrechen Strafen ver
hängte,” war keineswegs eine Horde zügelloser Barbaren. Vol
lends legt aber Zeugenschaft von ihrer Klugheit und Mässigung das
Verhältnis ah, in welches sie mit den ihnen huldigenden Völkern
traten: ohne Unterschied der Volkstümlichkeit und Religion—
denn es war das Christentum bei den Avaren, Slawen, Deutschen
und Vlachen im Lande bereits verbreitet — genoss jeder Huldigende
gleiche Rechte mit den Eroberern, und war frei, edel undUnger all
zumal, nur Jene, die widerstanden, und die Kriegsgefangenen wa
ren unfrei, und wurden zur Viehzucht verwendet; doch auch die
sen war es unbenommen, sich durch Kriegsdienste zu befreien. Nur
so konnten es die Eroberer wagen, ihre besten Kräfte ausser Land
zu beschäftigen, ohne einen Vernichtungskrieg von Seite der Be
siegten , ohne eine gewaltsame Restauration der früheren Zustände
befürchten zu müssen. Und in der That: keine Spur reactioneller
Tendenzen, keine Widersetzlichkeit, kein Versuch, die neue Su
prematie abzuschütteln; die moralische Ueberlegenheit des ungri-
schen Volkes, so wie die kluge Schonung aller Interessen hatte
gleich uranfänglich den neuen Staat auf beinahe tausend Jahre fest
gestellt. Es wiederholte sich die Erscheinung, welche dieHunen des
vierten und fünften Jahrhundertcs — auch hierin den Mongolen,
mit denen sie fälschlich identificirt worden, ganz ungleich — der
Welt zeigten, denen freie und kräftige Völker, wie die Ostgothen,
Gepiden u. a. willig und standhaft huldigten, bis nach einer Reihe
bedeutsamer Könige mitAtila’s Tode die Uneinigkeit der ihrem Va
ter ungleichen Söhne den Abfall tüchtigerer Vasallen herbeiführte.
Nur war Ärpad’s Haus in seinen Enkeln glücklicher: kräftige und
weise Söhne erbten die Macht, welche sie auch aufrecht zu halten
verstanden.
Und so, wie wir die Ungern schon im Beginne des Reichs im
staatlichen Haushalte, so einfach er auch sein mochte, tüchtig
linden, so war auch ihre Kriegsführung nichts weniger als ein blos
ses Ueberrumpeln und Schlachten ohne Plan und Idee. Der grie
chische Kaiser Leo gab uns ein Bild ihrer Kriegskunst, welche den
Mangel numerischer Uebermacht meist glücklich ersetzte. Zu Hause
stählte die Jagd die Kräfte und den Muth der Jugend; Uebung stei
gerte die Geschicklichkeit die Waffen zu führen, welche sich die
Recken während der Ruhe des Winters selbst verfertigten.