Zingerle, Eine (ieographie aus dein dreizehnten Jahrhundert. 371
Eine Geographie aus dem dreizehnten Jahrhundert.
Jlerausgegeben von Dr. Ignaz V. Zingcrle.
Professor Dr. Pfeiffer sagt in seiner Einleitung zu den zwei
Arzneibüchern aus dem 12. und 13. Jahrhundert:
„Wer immer Sinn und Empfänglichkeit hat für das Werden und
Entstehen im Geistesleben der Menschheit, für die historische Ent
wickelung der Wissenschaften, wird die frühesten Spuren und Anfänge
derselben stets mit einem gewissen geheimnissvollen Reize betrachten,
er wird die Vergangenheit, ihre Anschauungen und Meinungen über
wissenschaftliche Dinge nicht mit dem Massstabe der heutigen Bildung
und Gelehrsamkeit messen, sondern sie vom Standpuncte ihrer Zeit
und im Zusammenhänge mit anderen Erscheinungen auf geistigem
Gebiete als nothwendige Durehgangspuncte aufzufassen suchen“.
Diese Ansicht, der ich völlig beipflichte, mag die Veröffentlichung
folgender Geographie rechtfertigen. Es ist für die Geschichte der
Entwickelung dieser Wissenschaft, wie für die Kenntniss des Geistes
lebens unserer Vorfahren gleich interessant und lehrreich, die geo
graphischen Ansichten derselben kennen zu lernen. Aus den höfischen
Dichtungen ersehen wir manches, was sich auf die geographischen
Kenntnisse der damaligen Zeit bezieht. Die zerstreuten Mittheilungen
sind aber nur Fragmente, die mühsam zusammengesucht werden
müssen, und auch dann erst ein lückenhaftes Mosaikbild gewähren.
Ein günstiger Zufall hat uns aber ein vollständiges Compendium einer
Geographie aus dem 13. Jahrhundert erhalten. Es findet sich in der
Cristherrechronik nach der Erzählung vom Thurmbaue in Babel ein
geflochten. Einzelne Stellen daraus sind bereits veröffentlicht worden
(Diutisca I, 48 — 69. —Altdeutsche Blätter I, 246 — 230), doch
meines Wissens nie das Ganze. Ich gebe nachfolgend diesen Abschnitt