Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 120. Band, (Jahrgang 1890)

Studien zur vergleichenden Culturgeschiclite. 
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verbreitet sind, pflegt man noch immer dieselbe Methode der 
Deutung der Träume a contrario zur Anwendung zu bringen. 
So glaubt man, das Abbrennen des Hauses im Traume bedeute 
Glück, Weinen im Traume zeige auf Freude u. dgl. m. 
Es wäre ein vergebliches Bemühen, alle diese Wider 
sprüche aufklären und die Arbeit des menschlichen Geistes 
in all die venvickelten Irrgänge des Aberglaubens verfolgen 
zu wollen, um den ursprünglichen Grund dieser Albernheiten 
zu erforschen. Bei den Arabern können wir nur eines mit 
Sicherheit nachweisen: nämlich, dass die symbolische Erklärung 
die ursprüngliche ist und dass jene a contrario die spätere, 
wahrscheinlich fremdländische ist. Es scheint, dass die Schrift 
des Artemidoros über die Träume, mit welcher die Araber 
durch Uebersetzungen bekannt wurden, hiefür die Quelle ist. 
Auch persische Traumbücher mögen mitgeholfen haben; wenig 
stens das Buch des Persers Gämäsp über die Traumdeutung 
scheint fast ebenso grosses Ansehen genossen zu haben wie 
die Schrift des Artemidoros, 1 von welcher wir arabische Aus 
züge daraus finden, die mit dem griechischen Texte sehr gut 
übereinstimmen. 2 
All diese verschiedenen Zeichen zu deuten, besonders 
jene, deren Yerständniss schwieriger war, wie dies bei Träumen 
oft der Pall sein musste, war Aufgabe erfahrener Männer. 
Diese mussten wohl zunächst in jener Classe gefunden werden, 
die für besonders berufen galt, die Zukunft zu erforschen, sei 
es, dass sie sich durch näheren Verkehr mit den Göttern aus 
zeichnete, sei es durch grössere Erfahrung in den überirdischen 
Dingen. Hiezu waren also an erster Stelle die Kähins, die 
Priester der verschiedenen Götter, berufen. Der arabische 
Kähin ist das Urbild des späteren hebräischen Koben. 3 In der 
1 Vgl. Filirist ed. Flügel S. 25:>. Vgl. Z. d. D. 7ü. Ge«. XVII, S. 227: über 
die Literatur der Oneirokritik. 
2 So bei Damyry (Hajat olhaiwän, Artikel: chöffas): der arabische Text 
lautet: (Die Fledermaus) .... Artemidoros sagt: sieht man sie im 
Traume, so bedeutet das Stillstand der Geschäfte u. s. w. Vgl. Artem. III, 
45. Ebenso stimmen Artem. III, 11 und Dam. II, 423, Artikel: horr, dann 
Dam. II, 100, Artikel: täwus, und Artem. IV, 56, dann Artem. II, 20 
und Dam. I, 261, Artikel: hida’ah. 
3 Die beiden Wörter sind identisch und ursprünglich bedeuteten sie gewiss 
auch dasselbe: den Fetischmann, Geisterbeschwörer und Wahrsager.
	        
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