Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 95. Band, (Jahrgang 1879)

Yoltaire-Studien. 
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doch lag das Sanskritstudium noch in den Windeln. 1 China 
und die Lehre des Confucius war ihm durch die Schriften 
jesuitischer Missionäre bekannt geworden. Er hatte den Koran, 
das Alte und das Neue Testament, natürlich auch die antike 
Mythologie studirt. Mit der Kirchengeschichte aller Zeitalter 
war er wohlvertraut. Rechnen wir noch dazu, was er aus 
Reisebeschreibungen von den religiösen Vorstellungen halb oder 
ganz uncivilisirter Völker wusste, so haben wir den Umkreis 
seines Wissens, überhaupt des zu seiner Zeit Wissbaren durch 
messen. 
Die erste Frage für einen Philosophen der Religions 
geschichte ist wohl die nach dem Ursprung der Religionen. 
Voltaire fand noch eine Beantwortung der Frage vor, die fast 
canonisches Ansehen genoss: man führte nämlich die Ent 
stehung der Religionen auf eine ursprüngliche göttliche Offen 
barung und auf eine Corruption derselben durch den Einfluss 
kakodämonischer Mächte zurück; man brandmarkte die heid 
nischen Religionen als Teufelstrug und Götzendienst; man be 
trachtete die heidnischen Götter als böse Geister, die Orakel 
und Prodigien als Wirkungen derselben; dem Reiche des Teufels 
setzte man dann das durch besondere Offenbarungen ausgezeich 
nete, in Judenthum und Christenthum zum Vorschein kommende 
Reich Gottes entgegen. 2 Allein das Studium der Alten hatte 
1 In die veddiselie Religion gewährten ihm ,le Shasta et l’Ezourveidam 1 
Einblick. Holwell und Dow macht er als seine Autoritäten namhaft. 
(S. Art. Ezourveidam und Phil, de l’hist., 17.) Voltaire rühmt sich, allein 
unter seinen Landsleuten die Forschungen der Engländer verwerthet zu 
haben; zugleich wirft er den Franzosen vor, sie hätten während des 
fünfzigjährigen Bestandes der ostindischen Compagnie verabsäumt, sich 
mit Land und Leuten bekannt zu machen. (Lettres chinoises, iudiennes 
et tartares, Nr. X.) — Vgl. Lettre ä Capperonnier, 13. Juli 1761 — ä 
Vernes, 1. Oct. 1761, woraus hervorgeht, dass Voltaire jenen Veda- 
Commentar von einem seiner Bekannten, Maudave, zum Geschenk erhielt 
und der königlichen Bibliothek übermittelte, ,et on l’y regarde comme 
le monument le plus precieux, qu’elle posscde 1 . — A Peacock, 8. Dec. 
1767. — A Chabanon, 25. Dec. 1767. — A Bailly, 27. Febr. 1777. 
2 Bientöt les peres de l’Eglise attribuerent au diable toutes les religious, 
qui partageaient la terre, tous les grands evenements (Art. Oracles) — 
Les monuments les plus irrefragables . . n’ont pas empeehe nos dispu- 
tateurs de l’Occident de donner h des gouvernements si sages le nom 
ridicule d’idolätres. (Fragments historiques sur l’Inde, 22.) — Cf. Art.
	        
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