Voltaire-Studien.
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erstreckt seine Macht auf Grösse und Schönheit des Körpers,
auf die Anlagen, auf die Neigungen. ,Wir haben nie von einer
samojedischen oder äthiopischen Phryne, von einem laplän-
dischen Herkules, von einem ,Newton topinamboid sprechen
hören; dagegen hat Montesquieu schwerlich Recht, wenn er
behauptet, die Völker des Nordens hätten stets denen des Südens
obsiegt/ Gegeninstanzen: die Araber und Römer.
Auch die Erde, welche wir bewohnen, ihre Oberfläche
und ihre klimatischen Verhältnisse waren im Laufe der Zeit
Veränderungen unterworfen. 1 Vielleicht hat unser Planet so
viele Revolutionen durchgemacht, als unsere Staaten; sie er
strecken sich bis in die historischen Zeiten. Vielleicht auch
sind ganze Menschengeschlechter verschwunden, bevor eines
der ältesten Reiche, von denen wir Kunde haben, entstand.
So naturkundig Voltaire auch war, auf die Bedeutung
dieser natürlichen Factoren oder Vorgänge legte er kein be
sonderes Gewicht. Ungleich wichtiger nahm diese Dinge erst
Herder. Voltaire meinte eben, das Räthsel der Geschichte müsse
sich aus sich selbst lösen lassen. Er räumte dem Schöpfer und
Erhalter die gebührende Ehre ein, läugnete auch nicht die
Influenz der äusseren Natur, dämmte jedoch die Bedeutung
beider so weit ein, dass er sich im Ganzen nur mit den rein
menschlichen Factoren des historischen Lebens befassen zu
müssen glaubte. In der Darstellung, Erklärung und Beurthei-
lung der Geschichte hielt er sich innerhalb der Grenzen des
Menschlichen. In allem historischen Dasein, in allen Formen
der Thätigkeit — Religion, Staat, Cultur — fühlte er den Puls
schlag menschlichen Wollens, spürte er das Weben des mensch
lichen Gedankens.
C. Voltaire’s Philosophie der Religionsgeschiehte.
Wenn wir im vorangehenden Abschnitte betrachtet haben,
wie sich bei Voltaire Gott zum Menschen verhält, so obliegt es
uns nunmehr, auf das Verhältnis des geschichtlichen Menschen
1 Phil, de l'hist., 1. — Dissertation sur les changements arrives dans
notre globe (1746). — Art. Changements. — Defense de mon oncle
(1767), c. 19. — Les colima^ons (1768).