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i 6 Zimmermann.
entites seiner eigenen Weltanschauung betrifft. Comte betrachtet
es lediglich als epoque critique ou äge de transition revolution-
naire, dessen Princip er im Protestantismus, dessen Höhepunkt
er im Terrorismus der französischen Revolution erblickt. Die
Zersplitterung des ersten in Secten, der antitheologischen Meta
physik in Schulen, ist in seinen Augen ein Mangel, mit welchem
verglichen die ungebrochene Einheit der mittelalterlich-kirch
lichen Weltanschauung ihm ein beneidenswerthes Vorbild der
künftigen Weltära des Positivismus scheint. Als Merkmal
der letzteren gilt ihm im Gegensätze zu dem theologischen und
militärischen Charakter des ersten und dem desorganisatori
schen des zweiten Weltaltex-s der organisatorische, die Ver
einigung der beiden Principien der Ordnung und des Fort
schritts (ordre et progres), während von den beiden sich in die
Herrschaft der Gegenwart theilenden Schulen die retrograde
nur das erste, die progressistische nur das zweite, die dritte,
die schlechteste aller Parteien, die stationäre, aller eigenen
Ideen baar, abwechselnd das eine und das andere will.
In dem Aufbau einer Organisation der Gesellschaft trifft
Comte mit St. Simon zusammen, dessen Versuch einer solchen
mittelst Auflösung der Familie und Abschaffung des Privat
eigenthums er grundsätzlich verwirft. Ebensowenig würde ihm
Kant’s Gründung einer Gesellschaft, in welcher Freiheit unter
äusseren Gesetzen im grösstmöglichen Grade mit unwider
stehlicher Gewalt verbunden angetroffen wird, wie diesem als
,höchste Aufgabe der Natur für die Menschengattung' genügt
haben. Vielmehr hat die Menschheit, zum Alter der Reife ge
langt, das in ihrer Kindheit mit unzureichenden Kräften unter
nommene Organisationswerk, welches das theologische Welt
alter geschaffen und das revolutionäre zertrümmert hat, von
neuem vorzunehmen. Dass beide Systematisationen eine ge
wisse Analogie zeigen werden, ist ebenso begreiflich, weil die
Menschennatur immer dieselbe ist, als dass sich beide von ein
ander wie Kindes- und Manneswerk unterscheiden werden.
Die Gründung einer neuen Religion im Zeitalter des Positivis
mus ist daher ebensowenig wie jene einer neuen Hierarchie
als Rückfall in’s Weltalter der Theologie anzusehen. Diesem
als in seiner Art gleichfalls organisatorischen, fühlt sich der
positive Philosoph immer noch näher verwandt, als dem von