Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 77. Band, (Jahrgang 1874)

444 
Scherer 
5, 7. ,Wol dir, geselle, guote 
braucht nicht zu demselben Gedichte zu gehören, ja ich meine, 
die Strophe wird sogar passender als ein besonderes aufgefasst. 
Denn als Nachruf an den Scheidenden klingt sie seltsam. Das 
erste Lied schliesst ab mit sprach daz minnecliche wip wie 
MF. 8, 16 so sprach daz wip. Es ist sogar möglich, dass der 
Ton der zweiten Strophe abweicht, dass eine Nibelungenstrophe 
mit verdoppelter letzter Waise zu Grunde liegt, Z. 8 deich ie 
hi dir gelac, Z. 10 die naht und ouch den tac, Z. 12 und hist 
mir dar zuo holt. So hat wohl auch Lachmann die Strophe 
gefasst, da er sie a. a. 0. als Variation der Nürnbergs Weise 
bezeichnet. Aber er überträgt diese Auffassung auch auf die 
vorangehende Strophe, wird also 4, 36. 5, 1.3 mit drei He 
bungen gelesen haben. Das ist möglich, wenn man 4, 36 aller; 
5, 1 ie streicht und 5, 3 verschleiften zweisilbigen Auftact 
annimmt, oder die Vorschläge von Bartsch (Liederdichter S. 287) 
adoptirt. Aber es ist unnöthig, wenn man jede Strophe als 
ein besonderes Gedicht behandelt. 
5, 16. Ich grüeze mit gesange die süe?:en. 
Ich habe seit dem Wintersemester 1864/5 diese Strophen 
wiederholt in Vorlesungen interpretirt und sonst besprochen 
und bedacht, ohne dass mir Zweifel an Haupts Argumentation 
aufgestiegen wären. Auch der letzte Widerlegungsversuch (von 
Karl Meyer Germ. 15, 424) hat mich nicht wankend gemacht, 
wohl aber das Büchlein von Diez über die portugiesische Hof 
poesie (Bonn 1863) das ich erst im Sommer 1873 aufmerksam las. 
Vom Könige Dionys von Portugal führt Diez S. 86 f. 
ein Gedicht von drei Strophen an, jede mit dem Refrain: 
Erades hoa pera reg ,Ihr wärt für einen König gut/ So sagt 
der Liebende zur Geliebten, und er ist selbst ein König. Ja er 
behauptet (Diez S. 24): nur in ihrer Nähe zu sein, mache ihn 
so glücklich, dass er mit keinem Könige oder Infanten tausche. 
Und der Sohn dieses Königs, Dom Pedro, sagt (Diez S. 23): 
er schätze die Gunst seiner Dame höher als König oder Königs 
sohn oder Kaiser zu sein — und er ist Königssohn. 
,Jedenfalls — bemerkt Diez — ist es sowohl bei Dionys 
wie bei Pedro eine nichts entscheidende Floskel . . . Etwas
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.