Deutsche Studien. II.
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4, 17. Wol hceher danne melier.
Nach dem sonstigen Verhältnisse der Handschriften ist
diess die besser beglaubigte Ueberlieferung: C stellt genauen
Reim her durch den Positiv riche. Ich kann nun allerdings
nicht beweisen, dass hoch und rieh Synonyma sind. Aber
stehen sie sich weniger nahe als senfte und ejuot? Ulrich von
Gutenburg MF. 70, 1 sagt sanfter denne haz. Vergl. auch
Parz. 12, 26 ebener denne sieht. Häufig werden, unzweifelhaft
synonym, rieh und her verbunden, ein melier fürste her u. dgl.
Andererseits ein got der hohe liere. Für den vorliegenden Fall
darf man vielleicht selbst Stellen wie Veldeke MF. 59, 37
daz ich bin rieh und groz liere, sit ich si muoste al umbevän;
Fenis MF. 83, 6 an vrönden richer noch hoher gemuot herbei
ziehen.
Auch dass diese und die folgende Strophe in einen Wechsel
zusammenzufassen seien, scheint mir nicht sicher. Ich kann
nicht finden dass der Parallelismus darin grösser sei als z. B.
in den beiden ersten Strophen des Burggrafen von Rietenburg.
Auf jeden Fall wagen wir nicht so viel, wenn wir sie nach
Analogie der ältesten einstropliigen Gedichte beurtheilen, als
wenn wir in ihnen das erste Exemplar einer neuen Gattung
erblicken, worin gar der Dichter nicht in eigener, sondern in
fremder Person reden soll. Und ist diese Gattung nicht aus
wirklichen Antwortliedern überhaupt erst entstanden?
Ueber das Metrum hat schon Lachmann (zu den Nib. S. 5)
das Wesentliche bemerkt. Denken wir uns eine Nibeluugen-
strophe, worin die letzte Reimzeile auf fünf Hebungen ver
längert und die vierte Waise verdoppelt (wie es im ersten
Kürnbergs Ton die dritte ist), dann die Waisen durch corre-
spondirende (überschlagende) Reimzeilen ersetzt, in dem Waisen
paar das zweite Glied reimend: so erhalten wir den vorlie
genden Ton.
4, 35. ,Ritest du nu hinnen
ist der erste Ton Meinlohs, nur mit überschlagenden Reimen
statt der beiden ersten Waisen, und die ehemaligen zwei Waisen
vor der letzten Reimzeile reimen unter einander.