446
Scherer.
transscendisse vid'eor
gazas regum veterum,
dum sernel commisceor
et iterum.
Die Vergleichung kann zur Identificirung werden. ,Der
beglückte Liebhaber steht höher als ein König*: davon ist
nicht weit zu dem Gedanken: ,er steht ebenso hoch als ein
König* und weiter: ,er ist ein König'.* So heisst es Nr. 31, 33:
und die Stelle ist der fraglichen beim ,Kaiser Heinrich* ähn
licher als irgend eine andere mir bekannte:
liaec si sola mihi datur
ein me prorsus dedi,
mihi Roma subiugatur,
subiugantur Medi.
Es ist also ein traditioneller Gedanke, der, wie wir sahen,
auf die portugiesischen Könige wirkte und sie zur Nach
ahmung reizte. Einer analogen Einwirkung unterlag Kaiser Hein
rich als Dichter, nach dem Zeugnisse der Sammelhandschrift
mhd. Lyriker, auf welcher B und C beruhen. Entweder haf
teten jene Phrasen in seiner von Macht, Herrschaft und Grösse
erfüllten Phantasie besonders stark und er wandte sie unwillkür
lich an ohne Gefühl für das Unpassende einer solchen Ver
mischung von Wirklichkeit und Metapher. Oder er hat sie
gerade mit Absicht gebraucht, entweder schalkhaft, wie Diez
von Dom Pedro vermuthet, oder affectvoll: ein Herrscher oder
künftiger Herrscher fühlt sich als Machthaber nur bei der Ge
liebten, nur durch die Geliebte!
Charakteristisch für Heinrich ist es gewiss, dass auch
im Liebeslied seine Gedanken unaufhörlich um die Krone
schweifen. Kein anderer Dichter hat auf so geringem Raume
so viel von Königthum und Herrschermacht geredet. Und ich
zweifle doch, ob ein anderer Dichter hätte sagen können: $ ich
mich ir verzige, ich verzige mich e der kröne. An allen Parallel
stellen, so viele ihrer angeführt werden, ist es vollkommen
deutlich, dass der Mann, der die Geliebte höher als ein König
reich schätzt, kein Königreich besitzt. Hier nicht. Würde es
im Munde eines gewöhnlichen Menschen nicht vielmehr heissen: