Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 77. Band, (Jahrgang 1874)

306 
Meyer 
heit, dass sicli der sonst so räthselhafte Stillstand, wenn man 
nicht auf der anderen Seite den Fortschritt anderer Völker 
gerade rätlrselhaft linden will, in der intellectuellen und Cul- 
tur-Entwicklung bei den Papuas ja zum Theil aus diesem 
gänzlichen Mangel einer Schrift erklärt. ,ln der raschen Ver 
gänglichkeit erworbener Einsichten liegt der Grund, warum 
schriftlose Völker äusserst langsam fortschreiten, warum sie so 
wenig sich entwickeln, dass sie grosse Zeiträume hindurch auf 
derselben Stufe zu beharren scheinend (Wuttke, Gesell, der 
Schrift.) 
Die oben erwähnte Neigung sich mitzutheilen und zu 
plaudern geht so weit, dass die Kinder ihren Eltern - oder 
älteren Leuten überhaupt gegenüber Zurückhaltung gar nicht 
kennen; es plaudert der zehnjährige Sohn mit seinem Vater 
wie mit seines Gleichen und umgekehrt, und der kaum noch 
zu vermehrende Erfahrungschatz eines Knaben gegenüber dem 
nicht viel grösseren Gesichtskreis eines älteren Mannes, er 
klärt zum Theil die Thatsache dieses uns auffallenden Verkehres 
zwischen Jungen und Alten, welches so contrastirt z. B. mit 
dem Verhalten der muhamedanischen Malayen wo der Knabe 
nicht zu sprechen wagen würde ohne vom Vater dazu aufge 
fordert zu sein, und wo es dann mit aller möglichen Beschei 
denheit und Reserve geschieht. 
Ich mache noch zur Beurtheilung mancher Eigenthümlich- 
keit in der Sprache darauf aufmerksam, dass die Papuas meist 
sehr laut schreien beim Sprechen, dass sie sich lange Reden von 
ferne zurufen, und daher gewohnt sind die Worte zu dehnen, 
was sie zum Theil bewerkstelligen, indem sie einzelne Laute aus 
einanderziehen, z. Th. dadurch, dass sie Silben ohne andere 
Bedeutung einsc.hieben. Das laute Schreien hat seinen Grund 
oft darin, dass sie sich von Haus zu Haus lange unterhalten 
und lieber laut schreien, als sich die Mühe geben aufzustehen 
und zu einander zu kommen; von der körperlichen Indolenz 
1 Ich sage muhamedanischen Malayen, weil ein grosser Unterschied be 
steht zwischen diesen und den heidnischen Stämmen in der ganzen Art 
des Wesens. Darauf beruhen auch zum Theil die so verschiedenartigen 
und sich scheinbar gänzlich widersprechenden Urtheile über den Charakter 
der Malayen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.