234
C o n z e
freilich, was er mir vorwirft, ,Mangel an Sachkenntnisse Da
kann ich denn aus Nothwehr nicht anders, als davon kurz
sprechen, dass auch mir die nordischen Altertliümer die hei-
mathliohon sind und dass ich schon als Schüler und Student
am Arbeitsplätze des niedersächsischen Vereins und unter un
mittelbarer persönlicher Anregung von Männern wie C. L. Grote-
fend und Kemble mich mit den einheimischen Funden einiger-
massen vertraut zu machen suchte und dass ich seitdem keine
Gelegenheit versäumte, die bedeutendsten Sammlungen von
Landesalterthümern in Deutschland, Frankreich, England und
kürzlich auch die hochwichtigen und vortrefflichen in Dänemark
zu durchmustern, so wie der Litteratur über dieselben nachzu
gehen. Nicht dem Versuche, allen feineren Unterscheidungen
nach Orten und Zeiten gerecht zu werden, halte ich mich da
nach gewachsen, aber wohl glaube ich im Stande zu sein, das
Generelle, allgemein Durchgehende zu beurtheilen, auf das es
ja bei der gegenwärtigen Untersuchung zumeist ankommt; ich
habe es ja zunächst mehr mit der viele Formsprachen und
-dialekte umfassenden grossen Stilgruppe zu thun, als mit den
einzelnen Formsprachen und -dialekten.
Von dem Wunsche gegenseitiger Verständigung geleitet,
lasse ich noch einige Punkte der Lindensclimit’schen Verurthei-
lung meiner Ansichten nicht unberührt.
Mein Gegner sagt (auf Seite 37): ,wir hätten nach Conze’s
Behauptungen anzunehmen, dass die urheimathliche Mitgift der
indogermanischen Völker an Ornamentmotiven, welche in
Griechenland auf Thongefässen zur Verwendung gelangten, im
Norden (vermuthlich weil es dort an Thon und Farben fehlte)
auf Erz übertragen würde; dass man im Süden einen Stoff
benutzte, der überall vorhanden ist, im Norden dagegen ein
Material vorzog, das im Lande selbst gar nicht oder nur durch
weitreichende Handelsverbindungen zu erhalten war.' Ich denke
mir die Sache so und finde nichts Auffallendes daran, dass die
alteuropäischen Völker, namentlich die indogermanischen, welche
nach Zeügniss ihrer Sprachen Weberei und Metallarbeit von
Alters her kannten, vornehmlich nach Massgabo der Technik
der Weberei und der getriebenen Metallarbeit eine Ornamentik
entwickelten, welche ihr ganzes Kunstvermögen repräsentirte
und überall zur Anwendung kam, wo ein Zierrath geschaffen