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Hofier. Abhandlungen aus dem Gebiete der alten Geschichte. VI.
kommt, so gliedert sich auch die Periode der ersten 360 Jahre
der römischen Geschichte. Es lösen sich die ersten 220 Jahre
in zwei von einander durch eine weite Kluft getrennte Perioden,
der vollständig mythischen der 4 ersten Könige, der wie in
absichtliches Chaos gebrachten der 3 letzten. Diese selbst aber
steht zwischen der ersten und der nachfolgenden von 120 Jah
ren Dauer bis zur Verbrennung Roms durch die Gallier in der
Mitte. Zwischen dem Anfänge, der im mythischen Nebel ver
schwindet, und dem Ausgange, der fast nur innere Kämpfe in
sich schliesst und in welchem sich ein neuer Dualismus, der
zwischen Veji und Rom massgebend gestaltet, bildet die zweite
Königsepoche einen Höhepunkt, dessen tragischer Ausgang an
die Verbrechen erinnert, mit welchen die Atriden und so man
ches andere Königshaus der heroischen Zeit untergingen. Als
das Königthum unterging, war auch der Talisman zerschlagen,
der die verschiedenen Bestandtheile Roms zusammenhielt. Nur
mit äusserster Mühe wurde das völlige Auseinandergehen ver
hindert ; nur eine Katastrophe ohne Gleichen konnte zuletzt
noch helfen. Was aber andern zum Verderben gereicht hätte,
Fremdherrschaft und Untergang der Stadt, diente den Römern
zum Heile. Mit dem Wiederaufbau der Stadt nimmt auch die
Geschichte Roms einen ganz anderen Inhalt an. 360 Jahre in
2 grosse Abschnitte von nicht ganz gleicher Dauer getheilt, ver
gehen fast wie Ein Tag, mit Morgen, Mittag, Abend. Die
Republik hat mit der gallischen Invasion ihre Feuerprobe im
vollsten Sinne des Wortes bestanden; die Geschichte Roms tritt
damit in ihre zweite grosse Periode ein, um in der dritten mit
den vergötterten Imperatoren den Schluss des Ringes zu bilden,
dessen Anfang die mythologischen Könige und Rom vor
seinem Brande gebildet hatten.