Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 71. Band, (Jahrgang 1872)

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HKfler. 
Ancus fällt. Dann morden von den 2 Söhnen des Tarquinius 
und den 2 Töchtern des Servius (wieder 2X2) die eine der 
letzteren ihren Gemahl Ancus des Tarquinius Sohn, des Ancus 
Bruder Tarquinius seine Gemahlin des Servius Tochter; dann, 
denn das genügt nicht, das überlebende Paar, das sich hei- 
rathet, den Vater und Schwiegervater Servius Tullius, um auf 
den Thron zu gelangen, den dieser dem Geschleclite des Tar 
quinius entzogen. Aber auch das genügt nicht, Servius selbst 
muss 3 Mal umgebracht werden. Erstens wird der alte Mann 
die 100 Stufen der Curie hinuntergeschleudert; bei einer der 
artigen Operation pflegt man aber nicht lebend unten anzu- 
kommeu. Nichtsdestoweniger wird er 2) unten erdolcht, 3) yod 
der eigenen Tochter zusammengefahren, worauf auch deren 
Mutter gemordet wird, das blutige Ehepaar aber herrscht. 
Was mit Mord begonnen, endigt aber mit Mord. Ganz abge 
sehen von der Sinnlosigkeit, welche in chronologischer Bezie 
hung bei dem Alter der handelnden Personen sieh bemerkbar 
macht und oft genug hervorgehoben worden ist, werden Juuius 
Brutus und dessen Sohn Marcus erschlagen; Lucretia von 
Sextus Tarquinius geschändet greift zum Selbstmord. Sextus 
wird in Gabii erschlagen. Lucius Junius Brutus selbst, der 
Held unglaublicher Mährchen, fällt im Kampfe mit Ancus Tar 
quinius, der eine vom Speer des Andern durchbohrt. Nur der 
alte König, der Urmörder, welcher mindestens 2X3 Male 
hätte getödtet werden müssen, stirbt, nachdem er Rom, den 
Sitz des Mordes, verlassen, ruhig quasi re optime gesta, in 
Cumä; er der Sohn des Tarquinius Priscus, bei dem Tode 
seines Vaters erwachsen, von Servius für 44 Jahre beseitigt, 
etwa im 64. Jahre fluchbeladener Mörder, regiert noch 24 Jahre, 
etwa 88 Jahre alt wird er entthront, lebt aber daun ruhig noch, 
wie einer der Patriarchen der Vorzeit, 15 Jahre lang und 
stirbt dann, nachdem er den Wechsel von etwa 103 Jahren 
erlebt, im beneidenswerthesten Greisenalter. Es ist, als wenn 
die Sage, ehe sie in die Geschichte verschwindet, erst noch 
nach allen Seiten austoben wollte, so häuft sich gerade unter 
den letzten 3 Königen Unwahrscheinlichkeit und Widerspruch. 
Man tühlt, dass man es mit einer grossen Vergangenheit zu 
thun habe, welche viel höher hinaufreicht als unsere Zahlen- 
augaben, aber merkwürdiger Weise je mehr sie die Grenzen
	        
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