Laurentii Vallae opuscula tria. I.
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den geringsten Tadel verdiene, und umgekehrt wo die verfehlte Aus
führung der schärfste Tadel treffe, die gelungene nur ein geringes
Verdienst sein könne, und indem er hiervon Anwendung auf das
Ordensgeliibde macht, bringt er seinen Mitunterredner schier zur
Verzweiflung, die kaum erheblich gemildert wird durch Valla’s
wiederholte Versicherung, er kämpfe nicht gegen das Gelübde als
solches, sondern nur gegen den von dem Gegner seihst geltend
gemachten Grund.
Da dieser sich als beweiskräftig nicht erwiesen hat, so hält der
Ordensbruder das zu dem Gelübde hinzutretende voium entgegen,
das vermöge seiner Unverbrüchlichkeit dem Gelübde selbst ein
höheres Verdienst vindicieren müsse.
ValIa ergreift auch hier vorab die Gelegenheit darzuthun, dass
diese Anwendung des Ausdrucks votum, das ein unter der Bedingung
einer Gegenleistung gegebenes Versprechen bezeichne, unstatthaft
sei und eine unrichtige Vorstellung in sich scldiesse: das zu dem
Versprechen (professio, promissioj hinzu tretende Moment sei viel
mehr ein Eidschwur (ein iuramentum oder imiurandum), dieser
aber könne, wenn anders das Versprechen an sich Kraft und Be
deutung habe, seinen Werth nicht erhöhen und Anspruch auf ein
grösseres Verdienst verleihen, zumal es fraglich bleibe, oh ein Gott
geleistetes Versprechen überhaupt eine eidliche Bekräftigung vertrage.
Die von dem Ordensbruder betonte Gefahr des Eidbruchs, der
sich im Falle eines Vergehens die durch das Gelübde gebundenen
aussetzen, will Valla an dieser Stelle nicht in Erwägung ziehen,
sondern wendet sich zu dem dritten Punkt, dem Gelübde selbst:
denn wenn die hinzutretende Bekräftigung durch den Eid das bean
spruchte grössere Verdienst nicht begründen kann, so muss es, wenn
anders das Gelübde wirklich einen hohem Lohn zusichert, in dem
Inhalte des Gelübdes selbst liegen; dieses umfasst die früher ge
nannten drei Tugenden des Gehorsams, der Armuth und der Keusch
heit, die. demnach in dieser Abfolge einer genauem Prüfung unter
worfen werden.
Vor allem kommt es hierbei auf scharfe Umgrenzung des Inhaltes
einer jeden derselben an, da einiges von dem Mitunterredner in den Um
kreis derselben gezogene sich vielmehr als allgemeines für alle Menschen
geltendes Sittengebot darstellt: was aber als specitischer Inhalt jener
klösterlichen Tugenden übrig bleibe, das sei, meint Valla, theils so