Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 56. Band, (Jahrgang 1867)

Die neuesten Leistungen der englischen Missionare etc. 
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man richtig spricht, lasse sich daher keineswegs auf die chinesische 
Büchersprache anwenden. Der Lernende sollte aus diesem Grunde 
darauf achten, welche Zeichen er seinem Gedächtnisse einprägt, und 
immer den Lehrer bitten, ihm die im Sprechen gebräuchliche Zusam 
mensetzung, ohne welche er sich nicht verständlich machen kann, 
niederzuschreiben. Mit Ausnahme des „Lautwörterbuches der Mund 
art von Canton“ von Dr. Williams gebe es kein einziges Werk, das 
eine solche Sammlung zusammengesetzter Wörter der Umgangs 
sprache enthielte, nie sie der Lernende, unabhängig von einem 
kundigen Lehrer, dem Gedächtnisse einprägen könne. Indem man 
auf diese Weise das Chinesische betrachtet, als ob die ideographi 
schen Zeichen nicht vorhanden wären, und zugleich auf die bezüg 
lichen Landessprachen genau achtet, finde man bald, dass die man 
nigfachen Mundarten China’s von einander so verschieden sind, wie 
beispielsweise das Deutsche von dem Englischen, Holländischen, 
Schwedischen, Dänischen und andern verwandten Sprachen •). 
Man kann das Gesagte in seinem vollen Umfange gelten lassen, 
darf jedoch nicht vergessen, dass, so wie überall, auch hier die 
Erlernung entweder der Schriftsprache oder der Umgangssprache, 
allenfalls auch beides, der Zweck des Studiums ist. Dass die Um 
gangssprache nach ihren blossen Lauten erlernt werden könne, wird 
von Niemandem in Abrede gestellt werden. Was die Schriftsprache 
betrifft, so erscheint dieselbe als eine besondere Sprache mit sehr 
bedeutenden Kürzungen und würde, wenn man sie zum Sprechen 
gebrauchen wollte, durchaus nicht verstanden werden. Allerdings 
werden in China gewisse Bücher, nämlich die zum Verlesen be 
stimmten erzählenden und die dramatischen Werke, in der Umgangs 
sprache geschrieben, allein solche Werke werden, besonders die 
ersteren, wenig geschätzt, während alle übrigen Werke, selbst die 
ganz populären nicht ausgenommen, in der Schriftsprache verfasst sind. 
Die ideographischen Zeichen könnten somit höchstens für Werke 
der genannten Art entbehrt werden. Was die übrigen Werke be 
trifft, so wäre die vorläufige Übersetzung derselben in die Um- 
i) Dies kann höchstens in Bezog auf die Unverständlichkeit der Laute seine Richtig 
keit haben, da z. B. Deutsch und Schwedisch, als besondere Sprachen, weit mehr 
ron einander verschieden sind, als es die chinesischen Mundarten unter sich 
jemals sein können.
	        
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