Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 9. Band, (Jahrgang 1852)

Byzantinische Analekten. 
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Gerechtigkeit anstrebe, umgehe sich mit einer Mauer, fester zur Ab 
wehr der Ungerechten und Feinde, als die Wälle Babylons. Da aber 
die Gerechtigkeit ein so übernatürliches, göttliches Gut sei, so sollte 
jedes Geschlecht und jedes Alter diese Tugend wie ein Licht und 
eine belebende Kraft erstreben und festhalten; zumeist aber die, 
denen die Herrschaft über Länder und Völker anvertraut sei. Denn 
wie jeder andere Lebensberuf eine andere ihm entsprechende Tliä- 
tigkeit, Tugend und Frucht habe, so sei des Herrschers vornehmste 
Thätigkeit Übung der Gerechtigkeit, Lohn der Mühen aber ungetrübter 
Friede der Unterthanen. Da nun die Tugend der Gerechtigkeit sich 
sowohl auf göttliche als menschliche Dinge beziehe, das göttliche 
aber dem menschlichen voranzustellen durchaus Pflicht sei, so hät 
ten auch die Herrscher, gleich den Landbauern, die Erstlinge ihrer 
Mühen Gott darzubringen, und in auf Göttliches bezüglichen Dingen 
zuerst Gerechtigkeit zu üben, um nicht gegen Gott, ihren Wolil- 
thäter, durch den den Königen alle Macht verliehen ist, undankbar 
zu erscheinen. Da es nun der göttlichen Vorsehung gefallen habe, ihn 
zum Herrscher und Regenten nicht weniger Städte und Länder zu 
bestellen, so liege auch ihm ob, nicht nur künftigen Übeln durch 
vorbeugende Mittel, einem guten Arzte gleich, entgegen zu wirken; 
sondern auch, wenn eine Ungerechtigkeit schon Platz gegriffen habe, 
diese mit dem Schwerte seiner Macht zu entfernen. 
Nun habe Stephan Uros, der sich selbst den Kaiser der Ser 
ben und Romäer genannt habe, verführt durch die Höhe seiner 
Würde und die Grösse seiner Macht, nicht allein fremde, ihm nicht 
unterthänige Städte mit habgierigen Augen angesehen , das unge 
rechte Schwert gegen solche, die sich selbst keine Ungerechtigkeit 
zu Schulden kommen Hessen, gezogen, sie ihrer romäischen Frei 
heit (!) und ihrer angestammten Herrschaft, unter der sie entstan 
den, erwuchsen und gediehen, beraubt; sondern seine Ungerech 
tigkeit selbst auf Göttliches ausgedehnt, und die alten Bestimmungen 
der Kirche und der heiligen Väter dadurch überschritten, dass er in 
seinen Ländern auf unkanonische Weise einen Patriarchen geschaffen, 
und demselben nicht wenige Metropolen, die er mit Dreistigkeit der 
allgemeinen Kirche Christi entrissen, untergeordnet habe, woraus 
keine geringe Spaltung entstanden sei, indem hiedurch die Glieder 
vom Leibe Christi und vom Haupte getrennt, so der vom Haupte 
ausgehenden belebenden Kraft beraubt und gleichsam getödtet wor- 
Sitzb. d. phil.-hist. CI. IX. Bd. II. Hft. 24
	        
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