Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 98. Band, (Jahrgang 1881)

Der Averroismns in der cliriBtlieh-peripatetiflchen Psychologie. 
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die intellective Seele blos als Forma assistens, nicht aber als 
Forma informans des menschlichen Leibes fasse, und diese 
seine Anschauung als jene des Averroes ausgebe. Allerdings 
folge er in dieser Auffassung des Averroes einer herkömmlichen 
Ansicht, deren Festhaltung von Seite eines Albertus, Thomas, 
Aegydius Romanus u. A., die Polemik dieser Männer gegen 
Averroes als unzutreffend erscheinen lasse, weil sie eben die 
wahre Meinung des Averroes nicht berühre. Wäre die intellec 
tive Seele eine Forma assistens, so wäre der Leib nicht Sub- 
jectum proprium des Intellectes, sondern blos der Ort der Wirk 
samkeit desselben; dergleichen hat aber kein Peripatetiker je 
behauptet. Jandunus gesteht zu, dass dem Menschen ein intel- 
lectives Leben formaliter zukomme; um so mehr muss dem 
Menschen auch das Posse vivere per intelleetum formaliter zu 
kommen. Wenn es wahr ist, was Aristoteles 1 umständlich 
beweist und Averroes zustimmend bestätigt, dass wenigstens 
während des zeitlichen Erdenlebens des Menschen keine seiner 
intellectuellen Thätigkeiten vom Körper völlig unabhängig sei, 
so kann der Intellect wenigstens im zeitlichen Erdenmenschen 
keine blosse Forma assistens, keine Forma separata sein. Nach 
Jandunus soll der Intellect mit dem Menschen nicht secundum 
esse, sondern blos secundum operationem sich verbinden. Wie 
man immerhin diese Art von Verbindung fassen mag, immer 
führt sie auf Unzukömmlichkeiten, die man dem Averroes nicht 
aufbürden darf. Man kann sie nicht etwa so fassen, dass der 
Intellect im Verhältniss zu den sinnlichen Vorstellungen als 
ein Leidender erscheine: denn für diesen Fall wäre nicht der 
Homo cogitans derjenige, der mittelst des Intellectes ein Er 
kennender wäre, sondern vielmehr der vom Intellecte Erkannte. 
Man kann ferner jene Verbindung nicht in der Weise fassen, 
dass der Intellect sich des Menschen als seines Instrumentes 
gedehnteren Berücksichtigung aller namhaften Ausleger des aristotelischen 
Werkes. Er hält sicli in dieser zweiten Arbeit in erster Linie grund 
sätzlich an die griechischen Ausleger, ohne den Averroes zu vernach 
lässigen. Auch die lateinischen Ausleger will er stellenweise berück 
sichtigen, besonders Thomas Aq.: qui, pace ceterorum dixerim, dilucide 
Aristotelis libros interpretatus est, nec ejus commentaria minoris facio 
his, qnae graeci scripserunt, ut recte intelligent patet. 
1 Siehe Aristot. Anim. I, p. 408 b, lin. 13 ft'. 
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