Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 97. Band, (Jahrgang 1880)

Abhandlungen aus dem Gebiete der slavisclien Geschichte. IV. 
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immer massgebender hervortrat. Man hatte bemei'kt, dass 
die Erwerbung Brandenburgs durch Kaiser Karl das Vor 
rücken der Polen nach Niederdeutschland aufgehalten habe; 
man calculirte später in Böhmen, ob man nicht den Markgrafen 
von Brandenburg zum Könige machen solle, und meinte, es 
würden dann auch Preussen und die Lausitz an Böhmen ge 
langen und letzteres ein Ansehen gewinnen wie zu Kaiser 
Karls IV. Zeiten. Als die früheren grossen Centren der slavi- 
schen Geschichte, die das Leben der Peripherie bedingt hatten, 
einstürzten, das romäische Kaiserreich nicht minder und unter 
dem Schutze der Osmanen die Gräcisirung der slavischen 
Kirche begann, das magyarische Centrum sich den neuen 
Verhältnissen nicht gewachsen zeigte, nahm die Aera wechseln 
der politischer Combinationen und vorübergehender Staaten 
vereinigungen, dieser Meteore, die da kamen und gingen, eine 
andere Richtung. In Deutschland verfolgte das Haus Ilolien- 
zollern mit wunderbarer Consequenz seinen Plan, sich im 
Innern auszubreiten; das Haus Habsburg sich zur europäischen 
Hauptmacht zu erschwingen, im Osten Ungarn und Böhmen 
sich eigen zu machen und darauf die Kaiserkrone zu stützen. 
Die im XV. Jahrhundert begonnenen Staatenverbindungen 
setzen sich dann im XVI. in eigenthümlicher Weise fort, und 
zwar erscheinen jetzt auf einmal Polen und Schweden durch 
das gleiche Regentenhaus mit einander verbunden (1587). 
Wie gewöhnlich wollten auch jetzt die Slaven nicht das Ein 
fachste und Natürlichste. Die Polen verschmähten die Ver 
bindung mit Oesterreich, als der Erzherzog Maximilian bereits 
von einer Partei zum Könige von Polen gewählt worden war, 
und freuten sich der glänzenden Zukunft, die ihnen die Ver 
einigung der Kronen von Polen und Schweden durch Sig 
mund III. verhiess. Da trat der ganze protestantische Hass 
des einen Zweiges des Hauses Wasa gegen den katholischen 
dazwischen, Sigmund wurde als König von Schweden entthront 
(1602), die Einsetzung des Dimitri Rurik als Czar von Russ 
land misslang, und nun befand sich das katholische Polen, inner 
lich von Factiouen zerrüttet, wie zwischen zwei Mühlsteinen, 
der russisch-schismatischen Macht im Osten, der schwedisch 
protestantischen im Norden, die im Wasa Gustav Adolf, im 
Wittelsbacher Karl XII. ihre kriegerische Verkörperung erlangte.
	        
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