Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 97. Band, (Jahrgang 1880)

Abhandlungen ans dem Gebiete der slavischen Geschichte. IY. 
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Aufgebung aller menschlichen Würde überhand und selbst im 
tiefsten Verfalle des römischen Reiches fand sich solche bestiale 
Hingebung unter den blinden Willen eines moralischen Unge 
heuers nicht, als es jetzt in Russland Sitte wurde. Während es 
vom Abendlande an Zerstörungswerkzeugen zog, was dieses in 
seinem technischen Fortschritte zu bieten vermochte, versank 
das Volk, ohne Schule, ohne Bildung, ohne Unterricht, von un 
wissenden Mönchen geführt, von dem ärgsten Despoten regiert, 
von Popen und Beamten in die Wette ausgebeutet, immer 
tiefer und bildete endlich einen culturhistorischen Gegensatz 
zu dem christlichen Europa, kaum minder gross als der des 
osmanischen Reiches, das doch noch immer in aufstrebender 
Richtung begriffen war. Der Czar war der Herr von Allem 
und ihm gehörte Alles, Russland ward ein grosses Gefängniss, 
zu dem der Czar allein die Schlüssel hatte; er war der irdische 
Gott des moskowitischen Reiches. Dahin hatten es der Knecht 
sinn der Bevölkerung und die orthodoxe Kirche gebracht. Man 
meinte im XVII. Jahrhundert, das russische Volk scheine zur 
Knechtschaft geboren zu sein. Man bleibt nicht unbestraft 
zweihundert Jahre lang unter tatarischer Herrschaft. 
Abgesehen von dem Czarthum des Hauses Rurik in 
Moskau feierte auch das Haus Jagello seine Triumphe. Wladis- 
laus der Heide, der Begründer des neuen polnischen Königs 
hauses, hatte, als die Polen König Ludwigs jüngere Tochter 
Hedwig zwangen, ihrem deutschen Bräutigam Wilhelm von 
Oesterreich zu entsagen, das habsburgische Haus von der pol 
nischen Krone ausgeschlossen. Sein ältester Sohn und Nach 
folger in Polen, Wladislaus, schloss das habsburgische Haus von 
dem ungarischen Throne aus, den er 1440 erlangte, aber freilich 
1444 mit seinem Leben bei Varna verlor. Sein Bruder Kasimir, 
als König von Polen der dritte dieses Namens (1447—1492), 
sah seinen ältesten Sohn Wladilaus — König Albrechts II. Enkel 
von dessen Tochter Elisabeth — als König von Böhmen und 
dann selbst als König von Ungarn (1490—1516), und ein eigen 
tümliches Geschick wollte, dass auch die drei anderen Söhne 
Kasimirs: Johann I. (1492—1501), Alexander (1501—1506), 
Sigmund I. (1505—1548), Könige von Polen wurden. Der letzte
	        
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