Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

162 Ignaz Beiiltel. Ueber österr. Zustände in den Jahren 1740—1702. 
Verkehr mit dem grossen Grundeigenthum ungemein. Da kam jener 
berüchtigte Güterschwindel, hier wie in anderen Provinzen das Ver 
derben der Familien. Die Güter des Adels wurden Sache der Specu- 
lation. Die Anhänglichkeit an den vaterländischen Herd, der ehren 
feste Sinn, der in den von den Vorältern ererbten Gütern ein 
unantastbares Heiligthum sieht, ging unter. Es war damals gar nicht 
nöthig, dass man Vermögen hatte, um Güter zu kaufen, man kaufte sie 
wie jetzt in Staatspapieren, um sie mit einigem Profit in der nächsten 
Stunde wieder zu verkaufen.” Haxthausen, nachdem er noch einige 
interessante Wahrnehmungen mitgetheilt, bemerkt, dass nach der 
Katastrophe von 1806, um welche Zeit die französischen Armeen in 
das Land kamen, sämmtliche Gutsbesitzer bei dem gesunkenen Werth 
der Güter zu Grunde gerichtet waren, indem die Tabulargläubiger mehr 
als den ganzen damaligen Werth zu fordern hatten. 
Auch Frankreich hat darüber, wohin die Vermehrung der Hypo 
thekarschulden führe, seine Erfahrungen gemacht. Schon im Jahre 1846 
war das französische Grundeigenthum mit 12.000 Millionen Livres 
belastet; deren Verzinsung jährlich von den auf 1650 Millionen Livres 
angenommenen Ertrage 630 Millionen, also mehr als den dritten Theil 
wegnahm 1 ). Das schwedische Grundeigenthum ist in den mittäglichen 
Provinzen bis zu 50 Procent des Werthes belastet. 
Zieht man nun die Wirkungen in Betrachtung, welche jener 
Theil der Justizgesetzgebung hervorbringt, welcher sich mit den 
Hypotheken beschäftigt, so wird man zugeben, dass er tief in alle 
ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse eines Volkes ein 
greift. Es kann hier nicht davon die Rede sein zu untersuchen, ob die 
gewöhnlichen Ansichten über die Begünstigung des Realcredites die 
richtigen sind, oder wie die jetzt in so vielen Staaten bestehende 
Begünstigung des Realcredites auf die Industrie, den Handel, die 
Steuerfähigkeit dieser oder jener Classe und die Summe unserer 
säinmtlichen Staatseinrichtungen einwirkt; die Absicht bei dem heu 
tigen Vortrage war nur zu zeigen, wie weit oft die Wirkungen eines 
einzigen unter die Grundlagen der Justizgesetzgebung aufgenommenen 
Grundsatzes gehen und wie sehr sich also, besonders bei der neuen 
Geschichte des Studium dieser Grundsätze einem Historiker empfiehlt. 
*) Nach Duic Siatistique de V agriculture, von 1848, pag. 4 — 43.
	        
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