Porges. Ueber die Verbalstannnbildung in den semitischen Sprachen.
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Ueber die Verbalstammbildung in den semitischen
Sprachen.
Von
Dr. Nathan Porges.
Einleitung'.
§. 1. Sprache ist das Product einer in der geistigen
Natur des Menschen begründeten Nothwendigkeit, seine Vor
stellungen und Begriffe aus sich herauszusetzen und in einer
selbstgeschaffenen, durch den Laut repräsentirten, allgemeinen
Anschauung festzuhalten. Je weiter wir in der Erforschung
der ältesten Bildungen der Sprache, die wir Wurzeln nennen,
zurückgehen, desto mehr Bedeutung muss naturgemäss dem
einzelnen Laute zukommen. Doch geht diese Bedeutung nicht
etwa so weit, dass jeder einzelne Laut ein Object bezeichnen,
mithin wirklich Sprachwurzel sein könnte; denn zunächst ist
nicht jeder einzelne Laut als solcher schon aussprechbar. Vor
allen Dingen muss jede wirkliche Wurzel den Charakter der
Syllabarität, d. i. der Spreckbarkeit an sich tragen. Die laut
liche Einheit, welche durch das Wurzelgebilde repräsentirt
wird, ist also keine ideale, wie etwa der einzelne vocallos ge
dachte Consonant, sondern eine empirische, reale, in Theile
zerlegbare, entsprechend der Einheit eines Begriffes, der eben
falls eine Synthesis von empirischen Einzelmerkmalen mit Zu
grundelegung des allgemeinen Substanzbegriffes darstellt. Jede
Wurzel hat aber zur Vorbedingung ihrer Existenz nicht nur
das physische Moment der Sprechbark eit, sondern auch als
zweites, wesentliches, das geistige der in sie gelegten oder,
wenn man will, aus ihr resultirenden Bedeutsamkeit. Erst