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verpflichtet ist; sogar die unmittelbare Nutzung steht dem
Könige bei Lebenszeit des Investirten in Einzelfällen zu.
Auf jene erste Auffassung führt insbesondere das Re
galienrecht bei Erledigung der Kirche. Nach kirch
lichen Vorschriften sollte nach dem Tode des Bischofs das
Gut der Kirche von einem Oeconomen zum Nutzen des Nach
folgers verwaltet werden. Statt dessen fallen bei den Reichs
kirchen die das gesammte Gut umfassenden Regalien nach
dem Tode des Investirten an den König zurück und verbleiben
in Besitz und Nutzung desselben, bis er dieselben dem Nach
folger durch Investitur übertragen hat. Nur freilich so, dass
diese und andere verwandte Befugnisse des Königs unmittel
bar nur die Güter und Rechte treffen, welche dem Investirten
zur freien Verfügung standen. Was vom Gute dem Capitel
und den abhängigen Kirchen zugewiesen oder an Vasallen und
Ministerialen verliehen war, blieb natürlich in ihrem Besitze,
sie folgten gleichsam ihrem Gute an den König als den obern
Herrn, dem sie dann aber auch unmittelbar zu den Leistungen
verpflichtet waren, welche sonst zunächst dem Investirten ge
bührt hätten.
Zeugnisse dafür, dass von den Königen und andern
Grossen die Einkünfte des Kirchengutes bei erledigtem Stuhle
beansprucht wurden, finden sich schon vielfach in fränkischer
Zeit (vgl. Thomassin P. 3 1. 2 c. 54). Kirchlicherseits wird
das allerdings als unberechtigter Eingriff behandelt, anderer
seits aber doch auch wieder der König als Hüter des Gutes
anerkannt, nur nicht zu eigenem Nutzen. Dass schon der Ent
stehung des anfangs als Missbrauch betrachteten Rechtes die
Anschauung eines Eigenthums des Königs am Gute der Bis-
thümer zu Grunde lag, dürfte kaum wahrscheinlich sein. Eher
glaubte ich annehmen zu dürfen, dass das besondere Bedürf
nis eines Schützers für das Gut bei Erledigung auf die Fest
setzung jener Anschauung einwirkte (vgl. § 16).
In späterer Zeit aber handelt es sich da in keiner Weise
um missbräuchliche Ausdehnung staatlicher Hoheitsrechte. Es
handelt sich einfach um die Anwendung eines allgemeinen
Grundsatzes auf die dem Reiche gehörenden Kirchen, des
Grundsatzes nämlich, dass Kirchengut mit dem Tode des In
vestirten an den Investitor zurückfallt. Das ergibt sich deut-