Wahl und Thronbesteigung Adrian’s YT.
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in Utrecht, Gott dienen; aber dem Rufe Gottes wage ich nicht
Widerstand zu leisten und hoffe, dass er ergänzen werde, was
mir fehlt und hinlänglich starke Kräfte gewähren wird, die Last
zu tragen. Ich bitte Euch, betet für mich und erwirkt mir durch
Eure frommen Gebete, dass er mich seine Gebote auszuführen
wohl unterrichte und mich würdig mache, dass ich dem Wohle
seiner Kirche zu dienen vermag'. 1
Man hat eine Aeusserung Adrians aufgezeichnet, die er
dem Ritter Salomon gegenüber gethan, welcher ihn auf der
Reise nach Rom bewirthet: ,der Fürst, welcher über den fürst
lichen Ruhm und das Heil der Unterthanen noch Anderes setze,
sei kein Fürst, sondern ein Tyrann. Er selbst habe gelernt,
mit geringer Speise und wenig Trank sich zu sättigen, den
Körper mit wohlfeilem Gewände zu bedecken, alles Andere,
wie viel cs auch sei, müsse für die gesammte christliche Heerde
verwendet werden'. 2
Konnte die Zeit, die aus den Fugen gegangen war, durch
den reinsten Willen eines Einzigen, durch persönliche Auf
opferung und ein am erhabensten Orte leuchtendes Beispiel,
durch Mittel, wie sie die frühere Zeit und ihre Rechtsan
schauungen an die Hand gaben, aufgerichtet werden; war sie
noch den Mahnungen des Pflichtgefühles zugänglich, so konnte
keine bessere Wahl getroffen werden, als die Adrians. Der
Reichthum und der Uebeiunuth der Cardinäle, der Fürsten und
Päpste hatte sie so tief sinken gemacht; jetzt musste jeden
falls die Probe bestanden werden, ob' Armuth, Rechtlichkeit
und Unsträflichkeit wieder einzurichten vermöchten, was Ueber-
muth und Frevel ausgerenkt hatten. Der Zeit durfte auch
dieses Gericht nicht erlassen werden.
Wenn irgend ein äusserer Umstand Adrian ermuthigen
musste, die Wahl anzunehmen, war es die Sendung Don Lopez
Mendoza’s. Am 12. Februar war Mendoza in Vitoria ange
kommen. 3 Er berichtete von den Festlichkeiten, die in Bel-
1 Vitoria 15. Febr. 1522. Burm. p. 398.
2 Burmann p. 409.
3 Gacliard n. X. Adrian sagt in einem späteren Briefe (vom 5. Mai), er
habe sich in Vitoria aufgehalten, weil er Herrn la Chaux (Mosur de Laxao)
erwartete, welcher aber erst in Saragossa ihn traf.
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