Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 50. Band, (Jahrgang 1865)

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hier als den wichtigsten und vornehmsten der Theile herauszuheben, 
dem daher auch hei der Tragödie die eingehendste Betrachtung ge 
widmet werde. Allein der [j.0Sog, der neben anderen Theilen des 
Gedichts, wie Sprache und Gedanken, das stoffliche Element be 
zeichnet, ist doch auch das poetische Gebilde, wie es in der Seele 
des Dichters sich gestaltet, und .als solches dem fertigen noir^a, 
in welchem sich Theile unterscheiden lassen, vorausliegt. So 
gefasst, ist die hiesige Anordnung wohl begründet und hei der 
Beweglichkeit des Begriffes p.ö.So? verträgt sich damit ebensowohl, 
dass derselbe bei der Tragödie als einer und erster der Theile behan 
delt wird, wie dass heim Epos (capp. 23 und 24) zuerst der /xOSog 
besprochen und dann erst von den Theilen und Arten der epischen 
Dichtung geredet wird '). 
Beginnen will Aristoteles naturgemäss mit dem, was das erste 
ist, d. h. mit der Untersuchung über die Dichtung an sich und ihre 
Arten. Dieser Gegenstand wird erörtert in dem ersten allgemeinen 
Theile der Poetik, der Cap. 1—5 (p. 1447 a 13—1449 b 9) um 
fasst und sieb in zwei selbständige Untersuchungen sondert. Erst 
lich entwickelt Aristoteles (von p. 1447 a 13—1448 b 3) wie auf 
dem Grunde des aller Poesie wesentlichen Begriffes der pipwj die 
einzelnen Dichtarten sich von einander scheiden. Und zweitens beant 
wortet er (von p. 1448 b 4—1449 b 9) die Frage, wie die Dichtung 
überhaupt und die besonderen Dichtungsarten aus der Naturanlage 
des Menschen hervorwachsen: eine Frage, die nicht genügend beant 
wortet werden konnte, ohne dass der Grundbegriff der Dichtung und 
die Sonderung ihrer Arten vorher festgestellt war. 
Alle Dichtung also, damit eröffnet Aristoteles die erste jener 
beiden Erörterungen, hat gemeinschaftlich die pu'pivins, d. i. die 
dichterische Umbildung und künstlerische Gestaltung eines gegebenen 
oder erfundenen Stoffes. Statt der Dichtung überhaupt werden bei 
spielsweise epische und tragische Dichtung, ferner Komödie und 
Dithyrambendichtung, und Kitharistik und Auletik zum meisten Theile 
(r% Vj nle'ior»j xcci y.iSapiGuxrjg') genannt. Dass den ge 
nannten Dichtarien, welche nur den allgemeinen Begriff der Dichtung 
in ihren Hauptgattungen concret versinnlichen sollen, die beiden 
musischen Künste angefugt sind, zu denen nachträglich noch die 
Orchestik hinzutritt, wird seine Erklärung und Rechtfertigung in dem 
weiteren Gange der Aristotelischen Untersuchung finden. Auf dem
	        
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