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hier als den wichtigsten und vornehmsten der Theile herauszuheben,
dem daher auch hei der Tragödie die eingehendste Betrachtung ge
widmet werde. Allein der [j.0Sog, der neben anderen Theilen des
Gedichts, wie Sprache und Gedanken, das stoffliche Element be
zeichnet, ist doch auch das poetische Gebilde, wie es in der Seele
des Dichters sich gestaltet, und .als solches dem fertigen noir^a,
in welchem sich Theile unterscheiden lassen, vorausliegt. So
gefasst, ist die hiesige Anordnung wohl begründet und hei der
Beweglichkeit des Begriffes p.ö.So? verträgt sich damit ebensowohl,
dass derselbe bei der Tragödie als einer und erster der Theile behan
delt wird, wie dass heim Epos (capp. 23 und 24) zuerst der /xOSog
besprochen und dann erst von den Theilen und Arten der epischen
Dichtung geredet wird ').
Beginnen will Aristoteles naturgemäss mit dem, was das erste
ist, d. h. mit der Untersuchung über die Dichtung an sich und ihre
Arten. Dieser Gegenstand wird erörtert in dem ersten allgemeinen
Theile der Poetik, der Cap. 1—5 (p. 1447 a 13—1449 b 9) um
fasst und sieb in zwei selbständige Untersuchungen sondert. Erst
lich entwickelt Aristoteles (von p. 1447 a 13—1448 b 3) wie auf
dem Grunde des aller Poesie wesentlichen Begriffes der pipwj die
einzelnen Dichtarten sich von einander scheiden. Und zweitens beant
wortet er (von p. 1448 b 4—1449 b 9) die Frage, wie die Dichtung
überhaupt und die besonderen Dichtungsarten aus der Naturanlage
des Menschen hervorwachsen: eine Frage, die nicht genügend beant
wortet werden konnte, ohne dass der Grundbegriff der Dichtung und
die Sonderung ihrer Arten vorher festgestellt war.
Alle Dichtung also, damit eröffnet Aristoteles die erste jener
beiden Erörterungen, hat gemeinschaftlich die pu'pivins, d. i. die
dichterische Umbildung und künstlerische Gestaltung eines gegebenen
oder erfundenen Stoffes. Statt der Dichtung überhaupt werden bei
spielsweise epische und tragische Dichtung, ferner Komödie und
Dithyrambendichtung, und Kitharistik und Auletik zum meisten Theile
(r% Vj nle'ior»j xcci y.iSapiGuxrjg') genannt. Dass den ge
nannten Dichtarien, welche nur den allgemeinen Begriff der Dichtung
in ihren Hauptgattungen concret versinnlichen sollen, die beiden
musischen Künste angefugt sind, zu denen nachträglich noch die
Orchestik hinzutritt, wird seine Erklärung und Rechtfertigung in dem
weiteren Gange der Aristotelischen Untersuchung finden. Auf dem