Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 9. Band, (Jahrgang 1852)

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Joseph Bergmann. 
beschlossen Bregenz zu überrumpeln und dessen Bewohner zu 
ihrem Bünde gegen den stolzen schwäbischen Adel zu zwingen. Man 
bestimmte hiezu den St. Hilari-Tag. Die Eidgenossen, die sich in der 
Stube allein und unbelauscht wähnten, gewahrten hinter dem grossen 
Ofen ein scheinbar schlafendes Weib. Dieses hatte den ganzen An 
schlag auf die Stadt gehört. Mit dem Tode bedroht, erzählte sie den 
rauhen Männern, wie sie halberfroren schon bei der Dämmerung 
hieher gekommen, und hinter dem warmen Ofen vom tiefsten Schlafe 
überwältigt worden sei. Die Arme musste schwören, von dem, was sie 
etwa vernommen, keinem Menschen etwas zu sagen. Mit wilden 
Drohungen vor die Thiir gestossen, suchte sie im Stalle Zuflucht. 
Festen Entschlusses, die Stadt Bregenz vor einem Überfalle zu 
warnen, eilte sie auf tief beschneitem Wege bei der grimmigsten 
Kälte nach Bregenz hinab, wo sie ganz entkräftet sogleich nach dem 
Stadtmann fragte, der gerade im Rathe war. Sie trat beinahe athem- 
los in die Rathsstube der versammelten Herren und stellte sich vor 
den Ofen hin. Von ihrem verrückten Thun befremdet, fragten diese 
sie um ihr Begehren. Sie antwortete: Sie komme eilends von Rank 
weil und wolle, da sie von einem Eide gebunden sei keinem Menschen 
zu sagen, was sie mit eigenen Ohren gehört und mit eigenen Augen 
gesehen habe, dem Ofen erzählen. Nachdem sie das zu Rankweil 
Gehörte und Gesehene dem Ofen umständlich erzählt hatte, fragten 
sie die Herren um ihren Namen. „Ich heisse Guta und alles nennt 
mich die alte Guta”, war ihre Antwort. Graf Wilhelm, der dies 
Alles vom Stadtammann gehört hatte, zeigte durch Eilboten dem 
schwäbischen Adel vom St. Georgenschild die dringendste Gefahr an. 
Acht tausend Mann, Ritter und Knechte, waren bis zu St. Hilari-Tag 
gen Bregenz zur Rettung der Stadt eiligst herangezogen. Aus Dank 
barkeit ruft heute noch der Nachtwächter der Stadt „Ehrgute!” 
Herrn Kögl erzählte man, dass auf zwei Alpen zu Gurtis 
(Curtis) ob Nenzing die Hirten Abends in’s Thal herabblasen und 
zugleich rufen sollen: „Betet ein Vaterunser für Ehrgute.” Doch 
die Wahrheit dessen vermöge er nicht zu bestätigen. Daraus er 
hellet, dass die Sage von der Ehrguta allenthalben im Lande ver 
breitet ist. 
Gustav Schwab, „DerBodensee nebst demRheinthale”, 1827, 
S. 187, sagt: „Die Stadt hielt festen Stand. Ein Weib war es, Frau 
Hergothe, eine redliche Bürgersfrau, die den zagenden Ein- 
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