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Werner.
diirten Ausdrücken und Exponenten ihres Lebens nachzuweisen.
Da die Gleichförmigkeit theils durch das Dunkel, das über
den Anfängen und älteren Zeiten der Völker ruht, theils durch
falsche Systeme der Gelehrten, d. i. der Alterthumsforscher
und Philosophen verdeckt ist, so war er darauf angewiesen,
eine Wissenschaft der kritischen Vergleichung der Gesetze zu
schaffen, und der Metaphysik der vergleichenden Gesetzes
wissenschaft eine Logik derselben beizugesellen. Amari wagt
nicht, für alle Einzelheiten des geschichtsphilosophischen Systems
Vico’s einzustehen, er gesteht vielmehr mannigfache Irrthümer
Vico’s unumwunden zu. Zwei Grundwahrheiten scheinen ihm
aber durch Vico’s Forschung unwiderleglich festgestellt zu sein,
diese nämlich, dass ein providentielles Gesetz den Entwicke
lungsverlauf des Völkerlebens und der gesetzlichen Institutionen
der Völker leitet, und dass die Vergleichung das einzig sichere
Mittel eines wahrhaften Verständnisses derselben sei, in dessen
Lichte sich natürlich auch ihre ideelle Verwandtschaft und Gleich
förmigkeit bestätigen muss. Desshalb bleibe auch die Forschung
auf dem Gebiete der vergleichenden Gesetzeskunde perpe-
tuirlich auf das Studium Vico’s angewiesen. Niemand dürfe
sich mehr Geist Zutrauen, als Vico besass — sagte einst der
Herausgeber der Werke Vieo’s, G. Ferrari; 1 Niemand verdiene
fleissiger als Vico studirt zu werden — fügt Amari hinzu.
Als einen Hauptirrthum, der die Functionen der Wissen
schaft einer vergleichenden Gesetzeskunde im Principe aufhebe,
sieht Amari Vico’s Läugnung der Ueberlieferung der Gesetze
von einem Volke an das andere zu bezeichnen sich gedrungen. 2
Bei Vico ist diese Läugnung eines der Grundaxiome, welche
sein geschichtsphilosophisches System tragen, und in der zweiten
Bearbeitung der Scienza nuova der Entwickelung desselben
vorausgeschickt werden. 3 Er erklärt die Gleichförmigkeit der
gesetzlichen Einrichtungen der Völker aus der dem Mensch
heitsleben immanenten Macht der Wahrheit, die mit Gott
identisch ist, und in ihren verborgenen Einflüssen auf das
Menschheitsleben sich als völkerleitende Providenz bethätiget.
1 Ferrari, la mente di G. B. Vico (Mailand, 1837), p. 277.
2 Critica, p. 275 f.
3 Siehe Seconda Scienza, Lib. I (degli elementi) Degnitä XIII.