Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 95. Band, (Jahrgang 1879)

Voltaire Studien. 
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C’est la loi de Trajan, de Socrate, et la votre, 
De ce culte eternel dont la nature est l'apötre. 
(Poeme sur la loi naturelle.) 
Knüpfen wir liier wieder an das zu Beginn dieses Capitels 
Gesagte an. Voltaire’s Gott, sagten wir da, sei der Gott des 
physico-theologischen und moralischen Beweises. In dem oben 
bezeichneten Sinne denkt sich Voltaire Gott als Urheber und 
Herrn der sittlichen Weltordnung. Gott stattet den Menschen 
mit seinen physischen, intellectuellen und moralischen Anlagen 
aus und stellt ihn in den Zusammenhang der Dinge hinein. 
Weder menschliche Bosheit, noch Heiligkeit veranlassen Gott 
irgendwie, in den natürlichen Ablauf der Dinge einzugreifen, 
und wäre es auch, um zu strafen oder zu lohnen. Dessen 
ungeachtet und trotz seines Kampfes gegen die dogmatische 
Annahme eines, vom Leibe abtrennbaren, unsterblichen Seelen 
wesens will Voltaire den Glauben an eine Vergeltung nicht 
fahren lassen. 1 Das Böse straft sich eben, da besondere Ein 
griffe, Himmel und Hölle ausgeschlossen sind, nach göttlicher 
Anordnung von selbst: es erhebt sieh die Stimme des Gewissens. 2 
Wäre die Welt nicht so böse, so wäre sie nicht so unglücklich. 3 
1 II faut reconnaitre un Dieu remunerateur et vengeur, ou n’en point 
reconnaitre du tout . . Ou il n’y a point de Dieu, ou Dieu est juste. 
(Homdlie sur l’athdisme, 1767.) — Tout le raonde rit aujourd’hui de votre 
v enfer . . mais personne ne rirait d’un Dieu remunerateur et vengeur . . 
en ignorant l’espece des chätiments et des rdcompenses, mais en etant 
persuade qu’il y en aura, parce que Dieu est juste. (Diner de Comte 
de Boulainvilliers, 3 me entretien.) 
2 Sophronisme et Adelos (1766). — Art. Conscience. — Tout ce que je 
puis vous dire, c’est que, si vous avez commis des crimes en abusant de 
votre liberte, il vous est impossible de prouver que Dieu soit incapable 
de vous en punir. (Histoire de Jenni, c. 10.) — Ueber die Fortdauer 
nach dem Tode, die Art und Weise derselben lässt sich nach Voltaire’s 
Ansicht nichts ausmachen. Jedenfalls ist es, wie die Geschichte zeigt, 
eine praktische Annahme von grossem Werthe, an eine Belohnung und 
Bestrafung über das Diesseits hinaus zu glauben. Vgl. Strauss, Voltaire. 
(G. W. XT, 167 ff.) Das letzte Wort behält denn auch bei Voltaire die 
praktische Vernunft*. Man könnte auch sagen, Voltaire bestand auf der 
Möglichkeit einer Vergeltung in einem möglichen Jenseits, gerade weil 
er in der Unsterblichkeitsfrage Skeptiker blieb. 
3 Je voudrais qu’on examinät quel si&cle a £t£ le plus fecond en crimes et 
par cons£quent en malheurs. (Derniers remarques sur Pascal, 99.) 
Sitzungsber. d. phil.-liiet CI. XCV. Bd. I. Hft. Ö
	        
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