Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

Ueber v vor den Casusendungen im Slawischen. 
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sich fortreissen konnten. Suche man sich nicht etwa dadurch über 
die Schwierigkeiten hinweg zu helfen, dass man sagt: ursprüngliches 
u und a sind im Slawischen gleichmässig durch 'k (u) vertreten, wie 
etwa im Lateinischen durch u, und desshalb konnte die Declination 
beider verwechselt werden. Schon das Lateinische zeigt das Gegen- 
theil, die Sprachen behalten sehr wohl das Gefühl für den verschie 
denen Ursprung später gleichlautender Elemente; es bleibt die alte 
Schwierigkeit, dass die vereinzelten echten u den Massstab abgege 
ben für die aus a entstandenen. Man müsste auch annehmen, dass 
die Sprache mit der Bildung der anderen Casus so lange gewartet 
habe, bis die Nominative auf as zu us oder bis beide zu Tv herabge 
sunken waren, und bis sie das Gefühl für die verschiedene Herkunft 
dieses Endlautes verloren. 
Sehr befremdend wäre es, ja unbegreiflich, wenn der Ursprung 
des -ob-, -tß- vom Auslaut des Stammes herzuleiten wäre, dass 
bei den Adjectiven mit gleichem Stammauslaut, deren Flexion sonst 
nicht im mindesten von der der Substantiva abweicht, doch diese 
Zwischensylbe sich nimmer und nirgends vorfindet. 
Dass einige Casus häufiger, andere nie -ob-, -«b- zeigen, dass 
es ferner in der Mehrzahl besonders beliebt ist, im Dual fehlt, wäre 
völlig unbegreiflich, wenn es eine Folge des Stammauslautes wäre. 
Wie verschieden sich Doppelformen ausnehmen, deren Ursache ver 
schiedener Stammauslaut ist, wird klar, wenn man die Declination 
von caobo mit der von rkiNTi vergleicht. 
Es zeigt sich ein Überhandnehmen dieser Formen in der jün 
geren Sprache, Stammerweiterungen aber pflegt die Sprache nach 
Analogie der nicht erweiterten Stämme eher abzuschleifen als her 
vorzurufen; vgl. CAOßO, wie denn die Sprachen in ihrem geschicht 
lichen Verlaufe immer mehr den alten Formenreichthum verlieren. 
Da -ov-, -ev- in der späteren Sprache besonders häufig auftritt 
(vgl. Alt- und Neuböhmisch), so müsste man nach der bisherigen 
Erklärung annehmen, die Sprache sei auf dem Wege gewesen, die 
w-Stämme in die «-Stämme aufgehen zu lassen, und habe später die 
entgegengesetzte Richtung eingeschlagen — eine unthunliche An 
nahme. 
Die Endung -ob-, -fß- steht in Zusammenhang mit der Bedeu 
tung des Wortes, dem sie sich anfügt; sie ertheilt ihm sogar eine oft 
sehr stark hervortretende Beziehung (s. o. Böhmisch, lllyrisch, Rus-
	        
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