Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 88. Band, (Jahrgang 1877)

638 
Bu sson. 
hatte. Die Kurfürsten hatten ihm ihre Bedingungen gestellt, 
Rudolf hatte dieselben acceptirt. Er musste sich darüber klar 
sein, dass er zunächst, wollte er sich nicht in gefährliche 
Abenteuer stürzen, ganz entschieden nicht in der Lage war, 
den Fürsten, besonders den Kurfürsten gegenüber eine voll 
kommen selbstständige Politik zu verfolgen. Seine eigene Haus 
macht, obwohl ja keineswegs unbedeutend, bot für eine solche 
Politik nicht die genügende Basis. Die Güter und Rechte des 
Reichs, auf welche die Krone angewiesen, waren vielfach in 
den Verwirrungen der letzten Decennien verkauft, verpfändet, 
verschenkt, oder auch einfach von den Grossen annectirt. Was 
half es, dass man den löblichen Grundsatz aufstellte, alle seit 
Friedrich II. Absetzung, also während der Zeit, da in Deutsch 
land kein allgemein anerkanntes Oberhaupt geherrscht hatte, 
vorgenommenen Veräusserungen von Reiclisgut seien ungültig? 
An eine strenge Durchführung desselben war gar nicht zu 
denken. 
Die Hauptsorge, die Rudolf in erster Linie beschäftigen 
musste, war, der Krone wieder eine respectable reale Macht 
grundlage zu geben. Er suchte sie im Südosten des Reichs, 
wo Ottokar von Böhmen mit klügster Ausnützung der Schwäche 
Deutschlands die böhmisch - österreichische Grossmacht be 
gründet hatte, die nicht nur Deutschlands Interesse in bedenk 
licher Weise gefährdete, sondern, was bei der Lage der Dinge 
wichtiger war, auch einer grossen Anzahl mächtiger deutscher 
Fürsten bedrohlich erschien. Darum hatte Rudolf bei einer 
Action gegen Böhmen keine allgemeine Opposition der Fürsten 
zu befürchten, konnte im Gegentheil mit Zustimmung der 
grossen Mehrzahl das reichsgerichtliche Verfahren gegen den 
Böhmenkönig eröffnen. Die letzten Consequenzen mit dem 
Schwert zu ziehen blieb dann freilich dem König fast allein 
überlassen. Er hat es gethan mit Energie, Geschick und 
Glück. Das, was er so besonders durch eigene Kraft und 
Tüchtigkeit gewonnen, hat Rudolf dann dem eigenen Hause 
zugewendet. Doch nicht für dieses allein, auch für des Reichs 
Interesse sorgte er dadurch. Diese südostdeutschen Gebiete 
in eigener Hand zu behalten hinderte Rudolf das geltende 
Recht. Wenn er diese Länder seinem Geschlechte erwarb, so 
that er das in der Hoffnung, es werde ihm gelingen, auch die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.