Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 66. Band, (Jahrgang 1870)

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Müller 
II. Liesse sich i noch in jenen Formen zurNoth hegreifen, in 
welchen das s gleichwie in den Sanskritformen nicht vorhanden ist, 
also in den Endungen -i, -it, -imiis (wie im Sanskrit in -is, -it und 
in im innerhalb der Vedasprache). In -isti, -istis, -eruni erscheint 
dagegen die Länge, welche doch ursprünglich vorhanden war, ganz 
anomal, und kann aus einer Steigerung, welche man, da sie inner 
halb eines Suffixes vorkommt (nur die arischen Sprachen, Sanskrit 
und Altbaktrisch setzen in Suffixen den Längen der anderen ver 
wandten Sprachen Steigerungen entgegen, z. B. -nnu — -vu), höchst 
bedenklich finden muss, nicht erklärt werden. 
Ich glaube also die Erklärung des lateinischen Perfectums aus 
dem fünften Aorist das Sanskrit aus lautlichen und formellen Gründen 
mit Recht bezweifeln zu können, umsomehr als ich eine Erklärung 
Vorbringen werde, welche einerseits mit den Lautgesetzen des 
Lateinischen in vollem Einklänge steht, andererseits sie sich an 
Formen sowohl des Latein als auch mehrerer verwandter Sprachen 
aufs Genaueste anschliesst. 
Bekannt ist, dass das Latein von den beiden Wurzeln ns und 
bim ein Imperfectum mittelst -aya bildet, welches, wie Schleicher in 
der zweiten Aullage seines Compendiums erkannt hat, sich genau an 
das litauische Perfectum anschliesst.. Die Formen von ns werden 
noch selbstständig gebraucht (er dm = asuyam, ■ erds — asayas, 
erat = asayat etc.) während jene von bhu (-bum — fuiim = 
fovdm = bhavuyam) nur in Zusammensetzungen, wo sie das 
Imperfectum bilden helfen, nachgewiesen werden können (nmabnm, 
docebam, legebam, audiebumj. 
Nach Schleicher's Darstellung, welcher diese Formen als Neu 
bildungen einfacher Tempus-Stämme betrachtet, sollte man glauben, 
dass diese Bildungen in -aya nur dem Latein und dem Litauischen 
eigenthümlich sind, wo sie sich erst nach Abtrennung der betreffen 
den Sprachen vom indogermanischen Stamme gebildet haben müssen. 
Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Wie ich in meinem 
Aufsatze: Armeniaca II. (Sitzungsberichte Bd. LXIV. 447) nachge 
wiesen habe, findet sich die Bildung in -aya zur Bezeichnung von 
Zeitformen der Vergangenheit nebst dem Lateinischen und Litauischen 
noch im Armenischen und Altslavischen, kommt also im Ganzen vier 
indogermanischen Sprachen (Armenisch, Lateinisch, Litauisch, Alt- 
slavisch) oder drei Sprachzweigen (dem eränischen, italischen,
	        
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