Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 61. Band, (Jahrgang 1869)

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V a h 1 e n 
Doch Valla's Dialog bietet noch ein weiteres Interesse. Der 
Kampf des Humanismus gegen das Mönchthum ist eines der charakte 
ristischen Momente in der Culturbewegung des XV. Jahrhunderts. Die 
an dem Geiste des classischen Alterthums genährten, freidenkenden 
und aufklärerischen Humanisten, welche alle Zweige der Wissen 
schaft in ihren Bereich zogen, auf der einen Seite, und die an der 
mittelalterlichen Tradition in Sitte und Denkart haftenden Mönchs 
orden auf der andern — wenn diese beiden schroff geschiedenen 
Parteien in Berührung kamen, so war der Hader unvermeidlich, 
und er ist nicht ausgeblieben. Fr. Philelphus hatte manch spitziges 
Distichon gegen die Mönche geschleudert. Poggio, der in einer seiner 
frühesten Schriften, dem Dialog de avaritia, helle Streiflichter auf 
das Gebahren der Bettelmönche geworfen, hat noch in späten Jahren, 
als Nicolaus' Pontificat ein freies Wort über den unter Eugeuius IV. 
üppig wuchernden Observantenunfug gestattete, in dem Dialog contra 
hypocrisim ein wenig einladendes Bild von den München seinerzeit ent 
worfen. Doch haftete Poggio mehr an der Aussenseite des Mönchthums, 
indem er Ausschreitungen einzelner in anekdotenhafter, nur zu sehr an 
den Verfasser der facetiae erinnernder Manier dem Gespötte preisgab. 
Valla hingegen, der das theologische Gebiet mehrfach beschritten, 
sucht, entfernt von scurrilem Hohn, dem Gegensatz von einer Seite 
nahe zu kommen, wo er ein wissenschaftliches Interesse bieten konnte, 
und greift eine Frage auf, die einer dialektischen Erörterung fähig 
und werth erschien. Auch ist sein Ziel nicht, das Mönchthum als 
solches zu bekämpfen: die Leistung des Gelübdes, sagt er, ist ein 
Weg neben andern, die zum Heile führen, und niemanden ist ein 
Vorwurf zu machen, der diesen als den für ihn geeignetsten betritt, 
wofern er nur nicht zugleich den Anspruch erhebt auf ein höheres 
Verdienst als die übrigen Sterblichen, die ohne die Schranke des 
Gelübdes in Zucht und Sitte ihren Lebensweg verfolgen: nur diesem 
auf mangelhafter Einsicht gegründeten Anspruch suchte Valla’s Er 
örterung die Unterlage zu entziehen, benahm aber dadurch dem 
Gelübde das, was ihm damals in den Augen vieler den rechten Werth 
und die rechte Weihe zu verleihen schien. 
Poggio’s Hohngelächter über die Bettelmönche schürte die Er 
bitterung: Valla’s dialektisch zugespitzter Angriff traf tiefer und 
verfehlte nicht, grossen Anstoss zu erregen. Man entnimmt dies der 
an Pabst Eugenius IV. gerichteten Vertheidigungsschrift Valla’s, in
	        
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