Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 168. Band, (Jahrgang 1911)

Über die ältesten bis jetzt aufgefundenen Hadernpapiere. 
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unternommen wurden. Ich kam auf diese Vermutung durch 
das Studium der Textur des Papiers, von dem hier gehandelt 
wird. Ich kann erst weiter unten, wenn ich die Textur dieses 
Papiers erläutert haben werde, den Versuch machen, meine hier 
einstweilen nur angedeutete Vermutung zu stützen. 
Die mir zur Untersuchung überschickte Papierprobe war 
unbeschrieben wie alle anderen mir übergebenen Proben. Da 
ich zur materiellen Untersuchung der Schriftzeichen nicht be 
durfte, so ist es begreiflich, daß Herr Dr. Stein die für die 
archäologische Forschung so wichtigen beschriebenen Papiere 
zurückbehielt und mir nur solche Papiere, beziehungsweise Teile 
derselben zukommen ließ, welche unbeschrieben waren. Meine 
Probe hatte eine beiläufige Länge von 10 cm und eine Breite 
von 4 cm. Es scheint mir bemerkenswert, daß dieses Papier 
keine Stärkeleimung aufwies; auch die später zu erwähnenden, 
gleichzeitig mit diesem aufgefundenen Papiere entbehrten dieser 
von den Chinesen erfundenen Leimungsart. Nach den bisher 
veröffentlichten Untersuchungen in betreff der Stärkeleimung 
der chinesischen Papiere geht diese Erfindung ins 7. Jahr 
hundert hinab. 1 Da die späteren chinesischen Papiere fast 
durchgängig mit Stärke geleimt wurden, so scheint der Mangel 
an Stärkeleimung der in Rede stehenden Papiere für das hohe 
Alter derselben zu sprechen, und zwar um so mehr, als meinen 
neuesten Forschungen zufolge der Beginn der Stärkeleimung 
noch weiter zurückreicht, als bisher anzunehmen war. 2 
Im auffallenden Lichte erschien unser Papier homogen, 
dichtgefügt, matt, licht gelblich gefärbt. Im Riß erschien es 
1 Wiesner, Mikr.Unters, ostturkestan. Papiere. Denkschriften, 1. c. S. ferner 
diese Berichte, Bd. 148, p. 5. 
2 Unter den alten datierten Papieren, welche mir Herr Dr. M. Aurel Stein 
zur materiellen Untersuchung übermittelte, sind einige mit Stärke ge 
leimt. Das älteste derselben mit der Signatur DA. VI ii, Nr. 904, chi 
nesisches Dokument von der Ruinenstätte N. von Lop-nor, ist genau datiert 
und stammt aus dem Jahre 312 n. Chr. Dieser Ermittlung zufolge geht 
also die Stärkeleimung des chinesischen Papiers in das 4. Jahrhundert 
zurück, ist also schon etwa zwei Jahrhunderte nach der Erfindung des 
Pflanzenfaserpapiers in Gebrauch gekommen. Ich habe mich eingehend 
mit der Geschichte der so wichtigen Stärkeleimung des Papiers beschäftigt 
und werde später in einer besonderen Abhandlung über diesen Gegen 
stand berichten.
	        
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