Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 123. Band, (Jahrgang 1891)

Die römischen Spiele und der Patriciat. 
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,er veranstaltete das Haarschneiden und setzte ihn aufs 
Pferd'. 
Durchaus wesentlich ist bei solcher Aufstellung der Ana 
logie zur altrömischen Sitte, dass das bei Griechen, Germanen 
und Slawen als Zeichen des Eintrittes in die Ephebie nach 
weisliche feierliche Haarscheeren 1 mit der Vorführung zu 
Pferde verbunden sei, was meines Wissens sich eben nur noch 
hei den russischen Fürsten vor der mongolischen Eroberung 
nachweisen lässt. 
Das war vielmehr das Zeichen der Entlassung des Jüng 
lings aus väterlicher Gewalt, der Schwertleite bei den Deutschen, 
der Vorführung des bewaffneten jungen Atheners in der Volks 
versammlung vergleichbar. Die förmliche Bekleidung mit der 
Toga virilis, welche bei den Römern 2 für die Masse der freien 
Bürgerschaft das Zeichen des Eintrittes in die politisch-mili 
tärische Selbständigkeit bildete, hat erst eine aus dem Oriente 
für Griechen und Italiker überkommene Veränderung der Be 
kleidung zur Voraussetzung und gehört also einer spätem 
Zeit an. 
Wie so mancher uralte Brauch seit undenklichen Zeiten 
in unseren heutigen fürstlichen Familien, so hat sich auch die 
Sitte des mit der Vorführung zu Pferde verbundenen Haar- 
war eine grosse Freude in Volodimer 1 . Von den beiden Prinzen war 
„der Knabe Georg 1188 geboren, Jaroslav 1190 nach der Berechnung 
Pogodin’s“. Des Letztem Haarschnitt ohne Vorführung zu Pferde wird 
übrigens in der Lavrentihandschrift in das Jahr 6702 (= 1194 nach 
Clir.) gesetzt. 
1 K. Fr. Hermann, gottesdienstliche Alterthümer § 48, Anm. 7. Jacob 
Grimm, deutsche Rechtsalterthümer S. 146 mit Rücksicht auf Paulus 
Diaconus IV, 39 und VI, 52 (IV, 38 und VI, 53 ed. Waitz S. 107 und 
237 der Schülausg.) Bei den Slawen wohl am frühesten bezeugt in 
der altrussischen Legende vom heiligen Wenzel, für welche ich auf 
meine Ausführung ,zur Kritik altböhmischer Geschichte 1 in der Zeit 
schrift für die österreichischen Gymnasien 1857, Band 7, S. 21 des 
Separatahzuges verweisen kann. Uebrigens hat noch Papst Benedict II. 
im J. 684 die von dem Kaiser Konstantinos Pogonatos gesendeten Haare 
seiner beiden Sühne feierlich in Rom empfangen: hic una cum clero et 
exercitu suscepit mallones capillorum cet. Liber pontificalis ed. Duchesne 
(1886) p. 363. 
2 Marquardt, Handbuch VII, 123 f. 536. Otto Hirschfeld, zur annalistischen 
Anlage des taciteischen Geschichtswerkes (Hermes XXV, 1890), 367 
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