Ueber ein griechisches Schriftsystem des vierten Jahrhunderts.
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Gesellschaft bis zu den Einzelnheiten der Tracht, des Städtebaus
und des Geschäftsverkehrs vor sein Forum lud und was sich nicht
als probehältig erwies durch rational-utilitarische Neubildungen
zu ersetzen strebte. Der inschriftliche Fund, der uns beschäftigt,
fügt dem Bild dieser Epoche einen neuen Zug hinzu, den wir
nicht gerne darin missen möchten. Ist uns doch, als ob er
demselben nie gefehlt hätte. Zwischen den Schachbrett-Städten
des Hippodamos und dem Markengeld der Cyniker war der
auf phonetischer Grundlage ruhenden Kurzschrift, man möchte
sagen ihr Platz bereitet und gewiesen. Und tönt uns nicht
aus jeder Zeile dieses Marmors der Schlachtruf des Zeitalters
entgegen: Natur wider Uebereinkunft, Ordnung wider Planlosig
keit, Vernunft wider Willkür und Zufall? 42 Allein hier timt eine
Unterscheidung noth. Die Vernunftmässigkeit sollte in mensch
lichen Dingen nur ein anderer Name für die Zweckgemässheit
sein. Denn der Intellect kann ja selbstverständlich dem Han
deln keine Ziele setzen; ihm liegt in Fragen der Praxis kaum
etwas Anderes ob als gleichsam Verbindungslinien zu ziehen
zwischen zwei Endpunkten, deren einen die von Gefühlen
irgend welcher Art erhobene Forderung, deren anderen das von
der Natur der Dinge (die Menschennatur inbegriffen) gebo
tene Befriedigungsmittel darstellt. Allein gerade in den grossen
Aufklärungsepochen pflegt sich an den Begriff der Vernünf
tigkeit ein arger und nicht selten ein gefährlicher Missverstand
zu heften. Wenn irgend ein Altherkömmliches, es sei nun ein
Staats- und Gesellschaftsbau oder auch nur ein Schriftsystem,
in Trümmer fällt oder als zweckwidrig verworfen wird, so richten
sich die Anstrengungen der Menschen nicht sofort und aus
schliesslich darauf, an die Stelle des Gestürzten ein Zweckdien
licheres und Gemeinnützigeres zu setzen. Da vielmehr das
Zweckwidrige zugleich ein allmälig Gewordenes und zumeist
ein stückweise und planlos Umgestaltetes, mithin ein Ver
wickeltes, Unebenmässigcs, Unharmonisches und gar häufig
ein Verkünsteltes war: so erlangt — in Folge eines begreif
lichen Rückschlags — das blos Einfache, Symmetrische, Har
monische und sogenannte Natürliche eine ungebührliche Werth
schätzung, eine höhere als der allein zuständige Richter,
der gemeine Nutzen ihm zuzusprechen vermag. Welche Ver
heerungen dieser falsche Natur- und Vernunftcultus in den