Der Cartesianismus in Italien. I.: M. A. Fardella.
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Zeitleben eine lebendige Culturtradition, deren Bedeutung weit
über den von den Cartesianern an sie gelegten Maassstab der
Werthschätzung hinausreicht. Der von Vico hiemit ausge
sprochene Tadel trifft auch Fardella, sofern dieser Poesie und
Eloquenz nur von Seite der durch ihre Hervorbringungen zu
erzielenden Wirkungen, nicht aber um ihrer selbst zu würdigen
weiss. 1 Es ist, mit Einem Worte, der abstracte Vernunftrationalis
mus, welchen Vico im Cartesianismus bekämpft, und welchem
er den Mangel an Apperceptionsfähigkeit für die Offenbarungen
des Ewigen und Göttlichen in der lebendigen Wirklichkeit
des geschichtlichen Menschheitsdaseins zum Vorwurfe macht.
Gerade die sinnlich empirische Naturwirklichkeit, deren voll
kommener Durchgeistung mittelst des reinen Vernunfthegriffes
nach Fardella’s oben angeführten Erklärungen unüberwindliche
Schwierigkeiten sich in den Weg stellen, erscheint hei Vico
als das perpetuirliche Medium und Vehikel geistiger Weckung
und Anregung zur geistigen Erfassung höchster 'Wahrheiten,
welche sich aber freilich nicht auf das unerforsckliche innere
Wesen der sinnlichen Dinge, sondern auf das Walten und
Wirken der durch das Medium der sichtbaren Wirklichkeit
dem Menschen sich offenbarenden Gottheit und auf die geistig
moralische Ordnung des im geschichtlichen Progresse sich ent
faltenden zeitlichen Menschheitsdaseins sich beziehen. Damit
wird nun allerdings die philosophische Betrachtung auf ein
ganz anderes Gebiet hinübergelenkt; an die Stelle der von den
Cartesianern angestrebten ' philosophischen Welt- und Natur
kunde tritt die Menschen- und Völkerkunde — statt der Be-
wegungsgesetze der räumlich ausgedehnten Körperlichkeiten,
deren Erforschung den Physikern anheimgegeben wird, sollen
die Gesetze des menschlichen Zeitlaufes erforscht werden, an
1 Vgl. Fardella, An. hum. nat., p. 183 ff.: Si rhetoricae et poeseos insti-
tutum, metam ac finem consulamus, maximas utilitates hujusmodi disci-
plinae conferunt, atque commoda non pauca conferunt . . . Oratoriae
artis finis praecipuus est veritati patroeinari, virtutes promovere, vitia
profligare, oppressae innocentiae defensionem recipere . . . Poesis idem
sonat ae fictio; est enim ingeniosa ac solers quaedam ars, quae dum
humanas actiones effingit congruisque carminibus exprimit, ad vitam
mstituendam, ad mores nempe aut perficiendos aut emendandos pro
viribus tendit etc.